Autorin und Regisseurin Barbara Herold versucht in diesem Theaterprojekt, das Phänomen Jihadismus zu ergründen. Welche Motive bewegen junge Mädchen, die Sicherheit und Freiheit Europas gegen eine Utopie einzutauschen und als Frau eines IS-Kriegers ein gottesfürchtiges Leben in Gefangenschaft zu führen? Der Theaterverein dieheroldfliri.at aus Vorarlberg gastierte am 10. März 2017 im Kleinen Theater in Schallmoos.
Von Elisabeth Pichler
In Stücke gerissene Gebetsteppiche kleiden die Bühne aus und verströmen orientalisches Flair. Auf facebook postet Muhajirah: „Es ist so schön, in einem rein islamischen Land zu leben. Manchmal vergisst man fast, dass man im Jahr 2000 lebt. Man fühlt sich wie in einem Kapitel des Alten Testaments.“ Dokumentarisches Material, Auszüge aus Blogs und Ratgebern dienen ebenso als Grundlage für diese Produktion wie Erläuterungen zur islamischen Religion. Jihad bedeutet nicht nur Kampf, sondern auch jegliche Anstrengung und Mühe. „Gott ist groß und der Jihad unser Weg“ behaupten Maria Fliri, Diana Kashlan und Peter Bocek und drohen dabei mit ihren Kalaschnikows. Auch wenn es sich dabei nur um Staubsauger handelt, verfehlen diese ihre Wirkung nicht, denn sie vernichten mühelos jeglichen Müll.
„Keine Steuern, keine Mieten, der Staat zahlt alles“ klingt durchaus verlockend. Auf Rauchen in der Öffentlichkeit kann man ja verzichten, denn dafür gäbe es 30 Peitschenhiebe. Ein jihadistischer Brautwerber verspricht der jungen Melanie das Paradies. Er selbst sei kein Mörder, denn er töte nur Ungläubige und Verräter. Geschichte sei schon immer mit Tinte und Blut geschrieben worden. „Wir müssen uns opfern, um die Welt zu retten.“
Eine Mischung aus Protest und Provokation gegenüber Familie und Gesellschaft bewegt junge Frauen und Mädchen zur Hijra (Flucht) aus dem Gebiet der Ungläubigen. Wie aber sieht der Alltag von Frauen im IS tatsächlich aus? Das Manifest „Frauen im islamischen Staat“, herausgegeben von der Al-Khansaa-Frauenbrigade, gibt Aufschluss.
Es sei die natürliche Bestimmung der Frau, dem Ehemann zu dienen. Bildung sei nur hinderlich und für die vom Schöpfer vorgesehene Aufgabe überflüssig. Es wird mit der Abkehr vom westlichen Rollenverständnis geworben. Versprochen wird die Erfüllung durch Sittsamkeit und die Tugenden als Hausfrau und Mutter. Nur dort, so heißt es, erhalte die Frau ihre wahren, vom Islam verbrieften Rechte, werde sie geachtet, wie es ihr gebührt, und habe keine Unterdrückung zu befürchten, sofern sie ihren Pflichten nachkommt.
Barbara Herold betrachtet das komplexe Thema in vielen kleinen Szenen aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln. Sie animiert das Publikum, selbst Stellung zu beziehen. Ein spannender Theaterabend, der aufklären, sensibilisieren und warnen will.
„Töchter des Jihad“ – Eine szenisch-dokumentarische Collage. Text und Regie: Barbara Herold. Ausstattung und Video: Caro Stark. Choreographie: Anne Thaeter. Mit: Maria Fliri, Diana Kashlan, Peter Bocek. Fotos: Mark Mosman
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