Das Cabaret Dada de Salzbourg lässt das Publikum einen Blick hinter die Kulissen des Theaters, dieser gekünstelten Kunst, werfen und verspricht „einen Abend gegen die eigene Abschaffung – grotesk, absurd und ganz, ganz gut gemeint“. Beste Unterhaltung, nicht nur für Theaterliebhaber. Die Premiere fand am 17. Mai 2017 in der ARGEkultur statt.
Auf vier offenbar dem Sperrmüll entrissenen Sesseln nehmen die Schauspieler Platz und blicken erwartungsvoll ins Publikum. Das Handy wird ausgeschaltet, eine raschelnde Packung mit Nüsschen weggesteckt. Begeistert zeigt sich das Quartett jedoch nicht von dem Gebotenen. Man kann sich nicht einigen, ob die Performance überhaupt schon angefangen hat. Die vielen schlecht gekleideten Menschen seien doch sicherlich keine Schauspieler, das könne sich doch kein Theater leisten. Sind das nun nur Statisten, eventuell ein Chor oder überhaupt nur ein Flashmob? Bianca hat die Nase voll und beschließt, dieses armselige Theater zu verlassen. „18 Euro für diesen Blödsinn, da nehme ich doch wenigstens den Sessel mit!“
Die nächste Szene spielt auf einer Probebühne. Die einfache Ansage: „Jeder nimmt sich einen Stuhl und sucht sich einen Platz im Raum, einen Raum, wo er sich sicher fühlt“, führt zu heftigen Streitereien, denn die völlig unterschiedlichen Charaktere können sich einfach nicht einigen, wie das Intro des neuen Stückes auszusehen hat und wie viel Emotionen gefragt sind. Der sensiblen Helga setzt diese destruktive Probenatmosphäre besonders zu, während Reinhard sie zu genießen scheint. Dem Publikum wird allerdings auch verraten, was sich die Schauspieler von ihm erwarten: flammende Begeisterung für das Gebotene, natürlich volle Konzentration, und bei Hustenreiz wäre die Vorstellung unverzüglich zu verlassen.
Es folgen Einblicke in eine Premierenfeier, bei der nur geheuchelt und gelogen wird, das Casting für eine Uraufführung in einem Stadttheater und der klägliche Versuch, das Publikum mit einem Chanson-Abend zu unterhalten. Wenn die beiden Herren (Volker Wahl und Stephan Lewetz) von den Damen in ihre Künstlergarderobe verbannt werden, dann wird ordentlich gelästert, wissen sie doch genau, wie Schauspielerinnen ihre Karriere pushen können. Die taffe Bianca (Katharina Pizzera) wiederum kommt mit dem unprofessionellen Gejammer und Geheule der alleinerziehenden Helga (Sophie Hichert) nicht zurecht.
Ragna Heiny hat vier liebevoll mit Lämpchen und Spiegeln ausgestattete Künstlergarderoben auf die Bühne gestellt. Benjamin Baierlein sorgt für die musikalische Untermalung und unterstützt die Künstler bei ihren Versuchen, mit Liedern zu punkten.
Regisseurin Bernadette Heidegger, Sophie Hichert, Katharina Pizzera und Volker Wahl, alles ehemalige Ensemblemitglieder des Schauspielhauses Salzburg, wissen offensichtlich bestens Bescheid über die Abgründe, die sich hinter den Kulissen auftun. Das groteske, selbstironische Stück, entstanden aus Improvisation und gemixt mit Texten und Aussagen von bekannten Theaterschaffenden wie Peter Handke und Christoph Schlingensief, erweist sich als große, wenn auch etwas schräge, Liebeserklärung an den Theaterbetrieb.
„Erstes österreichisches Gutmenschentheater“ – Cabaret Dada de Salzbourg – Ein Abend gegen die eigene Abschaffung – grotesk, absurd und ganz, ganz gut gemeint. Eine Produktion von Chromosom XX in Koveranstaltung mit der ARGEkultur Salzburg. Regie: Bernadette Heidegger. Musik: Benjamin Baierlein. Bühne: Ragna Heiny. Von und mit: Sophie Hichert, Stephan Lewetz, Katharina Pizzera und Volker Wahl. Fotos: ARGEkultur/ Andreas Hechenberger
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