Mit Jacques Offenbachs letztem Bühnenwerk, einer phantastischen Oper über ein verträumtes Dichtergenie und seine unglückliche Liebe zu „drei bezaubernden Sirenen“, eröffnet das Salzburger Landestheater die neue Spielzeit. Stürmischen Applaus bei der Premiere am 23.September 2017 für eine eindrucksvolle Inszenierung und hervorragende gesangliche Leistungen.
Von Elisabeth Pichler
Jacques Offenbach (1819-1880) hatte ein unvollendetes Werk hinterlassen, dessen Uraufführung erst einige Monate nach dem Tod des Komponisten in der Pariser Opéra Comique stattfinden sollte. Fehlende Passagen wurden von anderen Komponisten ergänzt. Da Anzahl und Anordnung der Musik und Szenen nicht vollends geklärt sind, ist jede Produktion von „Hoffmanns Erzählungen“ einzigartig. Die Fassung, die im Salzburger Landestheater in der Regie von Alexandra Liedtke zu sehen ist, besticht durch inhaltliche und musikalische Verständlichkeit, wobei sich die deutsche Sprache samt Übertiteln als äußerst hilfreich erweist.
Zu Beginn befinden wir uns in einer Theaterkantine während der Vorstellung von „Don Giovanni“. Es dürfte sich wohl um eine moderne Inszenierung handeln, denn die Chorsänger, die hier Bier und Wein kräftig zusprechen, tragen zu Frack-Sakkos weiße Ballettröckchen. An einem Tisch versucht Hoffmann, der Poet mit Schreibblockade, konzentriert zu arbeiten, und bekommt von dem ganzen Wirbel rund um ihn wenig mit. Doch als man ihn auffordert, das Lied von Kleinzack zum Besten zu geben, schweifen seine Gedanken ab zu den drei Frauen, denen er sein Leben gewidmet hat: der Puppe, der Kurtisane und der Künstlerin. In Begleitung seiner Muse durchlebt er noch einmal die unseligen Liebesgeschichten.
In einem Kuriositätenkabinett voll mumifizierter Abnormitäten liegt die schöne Olympia reglos in einer Vitrine. Grausam ist Hoffmanns Erwachens, als er erkennen muss, dass es sich bei seiner Angebeteten nur um einen Automaten, ein seelenloses Objekt, handelt. Auch in Venedig endet die Liebe zur Kurtisane Giulietta tragisch und wiederum sind diabolische Kräfte im Spiel. Seiner kränklichen jungen Braut Antonia vermag er ebenfalls nicht zu helfen. Gegen die fiesen Tricks des teuflischen Doktors Mirakel ist er machtlos. Kein Wunder, dass er im Alkohol Trost sucht: „Das einzig lockende Ziel ist Trunkenheit, der Rest ist nur verlorene Zeit.“
Franz Supper, langjähriges Ensemblemitglied des Landestheaters, stemmt die anspruchsvolle Titelpartie mit Bravour. Mit kultiviertem Mezzosopran steht ihm Carmen Seibel als Muse und Alter Ego zur Seite. Tamara Ivaniš besticht als famose, puppenhafte Olympia mit gestochen scharfen Koloraturen. Auch Angela Davis als verführerische Giulietta und Anne-Fleur Werner als leidende Antonia können überzeugen. Bei den Herren übernimmt George Humphreys mit mächtigem, klarem Bariton die Rolle der Bösewichte, während Alexander Hüttner mit sichtlichem Vergnügen in die kleinen, komischen Dienerrollen schlüpft.
Die wunderbaren, phantasievollen Kostüme von Johanna Lackner passen hervorragend zu den detailreichen, eindrucksvollen Szenerien, die Bühnenbilder Falko Herolds auf die Bühne stellt.
Das Mozarteumorchester Salzburg unter der umsichtigen musikalischen Leitung von Adrian Kelly und der sowohl gesanglich als auch darstellerisch blendend disponierte Chor und Extrachor des Salzburger Landestheaters sorgen für einen Opernabend, der kaum Wünsche offenlässt. Eine gelungene Inszenierung von Alexandra Liedtke, die es schafft, etwas Klarheit in die doch etwas verwirrende märchenhafte Handlung zu bringen.
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„Hoffmanns Erzählungen“ – Phantastische Oper in fünf Akten. Musik von Jacques Offenbach. Libretto von Jules Barbier und Michel Carré. Musikalische Leitung und Dirigat: Adrian Kelly. Inszenierung: Alexandra Liedtke. Bühne und Video: Falko Herold. Kostüme: Johanna Lakner. Mit: Franz Supper/Wolfgang Schwaninger, Carmen Seibel/Tamara Gura, George Humphreys/Einer Th. Gudmundsson, Alexander Hüttner, Tamara Ivaniš, Angela Davis, Anne-Fleur Werner, Jevheniy Kapitula/Emmanouil Marinakis, Michael Schober/ Rudolf Pscheidel, Gürkan Gider, Elliot Carlton Hines, Raimunds Juzuitis. Mozarteumorchester Salzburg. Chor und des Salzburger Landestheaters. Fotos: Anna-Maria Löfelberger/ SLT | Video: SLT
Das Stück konnte auch mich, einen nicht ausgewiesenen Opernfan, durch seine schöne Musik und die farbenfrohe Ausstattung begeistern! Der Applaus des begeisterten Publikums war wohlverdient!