Es war einmal … das Rumpelstilzchen

Monika Wolfgruber

Meine Tochter belegt in der Volksschule das Freifach Märchenwerkstatt. Begeistert erzählt sie mir gestern Abend die Geschichte von Rumpelstilzchen.
Und während sie das Märchen schildert, kommen mir folgende Gedanken…:

Von Monika Wolfgruber

Es beginnt damit, dass der Müllermeister, um seinen eigenen Hals zu retten, dem König verklickert, seine Tochter könne Stroh zu Gold spinnen, was als eine vorsätzliche Lüge bezeichnet werden kann!
Der König will Gold haben oder Tochter köpfen. Was wird uns durch diesen Anfang der Geschichte vermittelt? Erstens, dass der König ein schwachsinniger Trottel ist, denn wer sonst glaubt einem ARMEN Müllermeister diesen Mist, und zweitens, dass Töchter scheinbar nichts „wert“ sind, denn er ist sich ja im Klaren darüber, dass sie wird sterben müssen. Dass er außerdem eine billige Arbeitskraft verliert, dürfte – angesichts eines verärgerten Königs im Nacken – das kleinere Übel sein.

Der Müllermeister schickt also seine Tochter zum König, Diese kömmt also scheu und untergeben am Königshof an, buckelt vor der Obrigkeit und würde nie die Herrschaft dieses Königs anzweifeln. Dieser bedroht sie massiv und erzählt ihr, dass sie bei Versagen getötet wird. Nun, es mag einige Menschen geben, die unter Druck bessere Arbeit leisten, aber besonders motivierend kann das wohl nicht sein.

Sie sitzt also im Kämmerlein zwischen Stroh, weint und wartet auf ihren Tod, sie kommt nicht mal auf den Gedanken, sich selber rauszuboxen, nein, sie nimmt das Schicksal an, dass ihr das Patriachat aufgezwungen hat. Da kömmt plötzlich ein kleiner hässlicher Gnom aus dem Nichts und will ihr helfen. Aber nur, wenn er dafür was kriegt. Womit eindeutig erwiesen ist, dass es sich um einen männlichen kleinen fiesen Gnom handelt. Sie gibt ihm ihre Halskette. Ihm ist das recht, und er sagt ihr, sie solle sich schlafen legen, er würde die ganze Nacht spinnen….tsja, das kommt wohl öfter vor 😉

Am nächsten Morgen, hurra – Freude – Entzücken, alle sind froh, alle sind zufrieden, weil ein Haufen Gold erfreut unterbelichtete Könige, kuschende Müllerstöchter und kleine fiese Gnome. Der Butler, dieser gierige Nebenrollenbesetzer, wiegelt den König auf, noch ein Kämmerchen voll mit Stroh, beziehungsweise Gold einzufordern, um die Schatzkammer weiter zu füllen. Töchterlein kriegt wieder die Krise bis Gnom wieder kommt und ihr ihren Ring abspenstig macht (Skrupel gabs damals schon nicht) und anfängt zu spinnen.

Am morgen wieder Aufruhr ob des Goldes! Friede Freude Eierkuchen! Genau für eine Stunde, weil – eh scho wissen, der Butler! Der will unbedingt seine Rolle in dem Märchen noch weiter ausbauen und bearbeitet den König und die Müllerstochter hat eine weitere Nacht zwischen Tod und Königreich vor sich. Gnom erscheint, Tochter weint, sie verneint, sie hat nichts mehr, was sie geben könnte. Da schwatzt der Goldzwerg dem Töchterlein ihr zukünftiges Töchterlein ab und als der Deal fix ist, spinnt er wieder. Am Morgen darauf läuten die Hochzeitsglocken und die Müllerstochter heiratet den Mann, der sie 3 Tage lang mit dem Tod bedroht hat, wenn sie das nicht einhalten würde, was ein anderer versprochen hat. Ich erspare mir einen Kommentar hierzu!

Ein Jahr vergeht, und das Königsbaby ist so um die 3 Monate alt, als klein Goldspinnzwerg zur Königin kömmt und die Prinzessin mitnehmen will. Schrecklich der Gedanke, das Baby kann sich nicht wehren, es weiß nicht, welche Gefahr ihm droht. Und dem Baby kann man auch noch nicht sagen „geh nicht mit einem Fremden mit“. Also die einzige vermeintliche Botschaft dieses Märchens auch verpatzt.

Die Müllerstochter, mittlerweile zur Königin avanciert, weint wieder (schön kann die Frau nicht mehr sein, die Tränensäcke sind sicher nicht von schlechten Eltern), den Gnom rührt das und er schlägt einen weiteren Deal vor (bevor er zu seiner Spielerselbsthilfegruppe eilt). Die Königin muss seinen Namen erraten, dann darf sie ihren Schrazen behalten. Sie nimmt das Angebot an (na no na ned). Sie schickt also Boten und Diener aus und verspricht demjenigen einen Sack voll Gold, der ihr den Namen von dem kleinen fiesen Gnom sagen kann. Irgendwie geht’s die ganze Zeit nur um Gold, Geld und Geschmeide. Und die heutige Gesellschaft beschwert sich, wie materiell die Welt heutzutage ist. Doch scheinbar war der schnöde Mammon immer schon das Wichtigste.

Inzwischen hält sie den Gnom bei Laune und spielt heiteres Namenraten mit ihm, Namen wie Hinz und Kunz gefallen ihm nicht, er lacht hundsgemein und fies und wird dem Publikum immer unsympathischer dargestellt. Doch eigentlich stünde ihm für seine nächtelange Arbeit doch ein gerechter Lohn zu, oder? Laut Kollektivvertrag hätte er auch noch Anspruch auf Zuschläge von 100% und die teilweise steuerfrei!!!

Dann kommt der Dienstbote ins Spiel, ein Voyeur aus Leidenschaft, der mit Vorliebe in fremde Fenster stierlt. Doch diesmal hat er mit seiner Vorliebe einen Sack Gold verdient. Und er flüstert der Königin den Namen des Zwergleins zu. Und wird damit zum Verräter an der eigenen Klasse, indem er Menschen bespitzelt und Daten über andere an die Obrigkeit weitergibt. Die Gestapo ward geboren.

Zwerg kommt wieder, will schon das Baby an sich raffen, da schreit ihn die Königin an: heißt du vielleicht RUMPELSTILZCHEN? Wäääääähhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh da fängt er zu schreien an „Das hat dir der Teufel gesagt“ (gabs damals bereits Satanisten?) und weil er nicht kriegt, was er sich eingebildet hat , zerspringt er in 2 Hälften und fällt tot um. (womit sich das Problem der Erd-über-bevölkerung im Nu eingependelt hätte) Ein glückliches Ende… möchte man meinen..

Doch: Wer hat die 2 Rumpelstilzhälften weggeräumt? Und hat der Bote wirklich den ihm versprochenen Sack Gold bekommen? Oder wurde er nur ohne Abschläge in Frühpension geschickt? Hat er weiterhin das Proletariat bespitzelt? Hat er Hausfriedensbruch-Klagen bekommen? Und wo war der König die ganze Zeit? Hat der noch nichts von halbe-halbe gehört? Der hätte sich genauso kümmern können.

Haben die Gebrüder Grimm ihren Trompetenbaum inhaliert, bevor sie dieses Märchen erfanden?
….Fragen über Fragen…

Sollte dieses Märchen irgendeine versteckte Weisheit, eine Metapher oder etwas Belehrendes beinhalten, bin ich wohl zu dumm dafür, ich kann leider nichts daraus entnehmen, was mir in meinem Leben hilfreich sein könnte.

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