Ottilie Aigner ist tot

VS Arnsdorf und die Wallfahrskirche Maria im Mösl 2013 Foto: KTraintingerVS Arnsdorf und die Wallfahrskirche Maria im Mösl 2013 Foto: KTraintinger

Die „Arnsdorfer Stille Nacht – Geschichte“ begann mit den Aigner´s.

Eine der verdienstvollsten STILLE NACHT – Persönlichkeiten, Fr. Dir. Ottilie Aigner ist tot. Die Engel haben sie – so nahe an ihrer geliebten Weihnachtszeit – abgeholt. Ganz sicher auch in den „Himmel der stillen heiligen Nacht“.

Gotthard Eder

Von Gotthard Eder

Denn das, was ihr Mann OSR Sepp Aigner und sie seit Beginn der 50er Jahre für diesen so wichtigen Aufbau des „Stille Nacht –Museums“ in Arnsdorf getan haben, das wird sich schwer in kurzer Zeit zusammenfassen lassen. Das wissen auch nur mehr wenige.

Es entstand eine der wichtigsten „Stille Nacht – Gedenkstätten“ rund um die Entstehungsgeschichte des Liedes, die immer mehr – mit Oberndorf letztendlich zusammen – in den Mittelpunkt des Weltweihnachts-Geschehen gerückt ist. Das haben wir ganz sicher den Aigners zu verdanken. Sie haben aus der VS Arnsdorf die „Franz-Xaver-Gruber-Schule“ gemacht und sorgten dafür, dass der Stellenwert von Arnsdorf im gesamten „Stille Nacht-Geschehen“ immer wichtiger wurde. Vorher, als sie beide die Schulstelle der Schule übernommen haben, war kaum Nennenswertes in dieser Richtung vorhanden. Nach dem Krieg gabs Wichtigeres zu tun.

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Nur das Jenseits wird wirklich beurteilen können, was die Familie Aigner und man muss in Bezug auf Arnsdorf immer beide nennen, da alles bis in die Neuzeit aufgebaut hat. Alles taten sie dem Lied „Stille Nacht, heilige Nacht und seines Komponisten würdigend“ aus großem Idealismus. Die Bedeutung des Erinnerungsortes Arnsdorf wurde immer größer, wenngleich das Nebeneinander mit Oberndorf nicht immer friktionsfrei war.

Es wäre jetzt wohl ein wichtiges Anliegen, darauf zu achten, dass besonders der, nach Sepp Aigner noch vorhandene Nachlass, eine würdige Betreuung erfährt. Man kann mit Sicherheit sagen, es wurde von beiden Persönlichkeiten eine unschätzbare Arbeit geleistet, da soll und darf nichts verloren gehen.

Das Lichtbringen

Beseelt vom großen Weihnachts-Geist in Arnsdorf begannen die Aigners  wieder etwas ganz Neues. Im Advent brachten sie mit den Schulkindern außerhalb des Unterrichts in alle Häuser unseres Schulsprengels das weihnachtliche Friedenslicht. In Arnsdorf gab es sozusagen schon lange vor dem heutigem Friedenslicht-Brauch einen kleinen Vorläufer….

Regelmässig strömten daher im Advent plötzlich 2 – 3 Schüler-Gruppen in netten, grünen Umhängen und Spitzhüten in ihrer schulfreien Zeit aus, um eine kleine brennende Kerze in die Häuser von Arnsdorf zu bringen und den Frieden der heiligen Nacht anzukündigen. Zum anderen sollte die Spendenfreudigkeit der besuchten Menschen dazu dienen, um Geld zu sammeln für ärmere Familien direkt vor Ort. Ein echter Beitrag zu einer Zeit, als noch viel Mangel herrschte. Ärmeren Familien konnte so ein besseres Weihnachten geschenkt werden. Heute ist dies schon ein echter Brauch geworden. Man darf ja nicht vergessen, damals war Nachkriegszeit.

Selbst ich, der ich 1953 meine Volkschulzeit in Arnsdorf bei Fr. Oberlehrer Aigner begann, war eines ihrer Lichtbringer-Kinder. Mit Flötenmusik und Gesang wanderten wir den in der Regel schon verschneiten gesamten Schulsprengel mit Arnsdorf und Göming ab. Der Brauch begann in etwa bereits um 1950 und sollte den obigen Sinn erfüllen. Am Jahresanfang gab es dann für uns Kinder eine Extra-Belohnung, z.B. einen Besuch im Landestheater. Dieser Lichtbringerbrauch ist uns nun bis heute erhalten geblieben. Eigentlich sollte man sich vielleicht sogar Gedanken machen, diesen bisher unbekannten, inzwischen über 65 Jahre lebendig gelebten Brauch, zum „immateriellen Kultur-Erbe Österreichs“ vorzuschlagen und zu bewerben.

Zudem bedeutet er bereits zu all dem anderen, immer bekannter werdenden „Stille Nacht-Geschehen in Arnsdorf“, eine besondere Bereicherung des vorweihnachtlichen Geschehens. Damals war das natürlich auch noch eine zusätzliche mächtige Beanspruchung für die Aigners, aber sie hatten Kraft und Ausdauer. Später kamen dann junge Lehrkräfte hinzu, die ihnen hilfreich weiter beistanden. Auch ehrenamtlich, selbstverständlich.

Wenn es nun Gewissheit ist, dass sich Ottilie Aigner für den ewigen Weg in ein höheres Licht verabschiedet hat, dann ist es für mich der richtige Moment meine Erinnerungen an so viel gemeinsame Zeit hier niederzuschreiben. Es ist mir jetzt einfach ein Herzensanliegen, daran auch viele meiner engeren Freunde im „Stille Nacht-Geschehen“ teilhaben zu lassen. Wer weiß denn schon, was jahrelang hinter den Kulissen gemeinsam für den Erfolg alles getan wurde.

Der großartige Ruf von Arnsdorf basiert ganz sicher auf den jahrelangen Mühen, die sie aufgewendet haben, dass Arnsdorf das werden konnte, was es heute ist: Eine Weltkulturstätte als Wiege der Melodie für dieses schönste Weihnachts-und Friedenslied der Welt. Stille Nacht. Und all das verdanken wir der, bis ins Innerste engagierten, ruhelosen Vor- und Aufbau-Arbeit von Sepp und Ottilie Aigner. Als jahrlanger Begleiter dieser beiden, besonders bei all den vielen neuen Initiativen, wo wir gemeinsam tausenden Menschen große Freude und weihnachtliche Einkehr vermittelt haben, will ich das einfach weitererzählen.

Mich verbinden einfach so viele Erinnerungen mit Ottilie Aigner, dass ich kaum aufhören kann, davon zu erzählen.

Es begann beim Arnsdorfer Kirchenchor 1953. Damals war sie meine erste Lehrerin. Im 2. Schuljahr konfrontierte sie mich mit dem Wunsch, ich möge doch unbedingt Gitarre lernen, damit sie endlich einen echten Arnsdorfer „Stille Nacht Sänger“ bekäme … und damals begann meine „Stille Nacht-Karriere“. Ich war gerade einmal 7 Jahre alt.

Ottilie Aigner mit prof. Schulz 2011 in Fügen
Ottilie Aigner mit Prof. Schulz 2011 in Fügen

Zuerst erlernte ich das Gitarrenspiel bei meinem späteren Klassenvorstand an der HS Oberndorf Sepp Höfelmaier. Er war ein profunder Kenner der musikalischen Interpretation von Stille Nacht. Der war wirklich gut. Meinen Respekt noch heute!

Keinem anderen Menschen war es damals ein Anliegen, „Stille Nacht“ richtig zu interpretieren. Höfelmaier konnte das. Mitte der 50er Jahre wirkte er bei Filmaufnahmen mit einem Schulchor und auch als Solist mit. Hans Pabinger, ein Arnsdorfer Volkschulabsolvent, auch ein Schüler von Ottilie Aigner, war sein Tenorpartner.

Und er blieb es über Jahre. Pabinger war dann auch gleich einmal mein langjähriger Tenorpartner. Auch für Sonderauftritte wie Filmaufnahmen, etc. wurden wir engagiert. Erinnere mich, Ottilie Aigner war dann auch gleich mit „ihren“ Lichtbringerkindern Filmstar. Murquizca-Film produzierte den 1. Weihnachtsfilm über Arnsdorf und Stille Nacht Mitte der 60er Jahre.

Bis zu meinem erstern Soloauftritt dauerte es noch Jahre. 1961 dürfte das gewesen sein. Mit 14 Jahren. Bei einer der ersten Gedenkfeiern beim Schulhaus zum Heiligen Abend. Mein Gitarrenbeitrag war letztendlich bis vor einigen Jahren ein ungeschriebenes Gesetz. Ottilie war dann, nach dem frühen Tod ihres Gatten, die Säule sämtlichen „Stille-Nacht-Geschehens“.  In erster Linie immer am 24. Dezember in Arnsdorf, zusätzlich auch noch bei der gesanglichen Gestaltung der kirchlichen Andacht.

Natürlich war ich da immer gern an ihrer Seite und unterstützte sie. Wir waren ein Team! Und das war gut so. Bis in den letzten Jahren ihre Kraft immer mehr nachließ und neue Organisatoren das Heft an sich nahmen.

Ottilie war es schließlich, die – nachdem auch das Museum neu adaptiert wurde – jeden Teil des persönlichen Nachlasses von Sepp Aigner – zu sich nahm, soweit es ging. Sepp war ja auch ein weit über die Grenzen hinaus bekannter und beliebter Mundartdichter.

Bauernweihnacht

Eine Episode noch: 1973 begann ich die beiden Aigners so ganz langsam auf neue Aufgaben vorzubereiten. Die Idee einer Bauernweihnacht (Harald Mann mit Kulisse Salzburg) stand plötzlich vor der Tür. Erstmals versuchte ich diese Idee in die Praxis umzusetzen. Und das ging natürlich nicht immer ganz friktionsfrei, aber es ging, die Aigners machten mit. Ihr Part war dann Lesungen, Schulführungen, Vorträge im Museum, Kirchenbesichtigungen, und so weiter. Ein 5 Stunden Programm.

1977 gab es dann erstmals den „Gruber – Mohr – Gang“ von Arnsdorf nach Oberndorf. Auch eine Idee meines Freundes Harald Mann und dem namhaften Verein „Kulisse Salzburg“.  Damaliger Präsident war Univ. Prof. DDr. P. Thomas Michels, Universitätsmitbegründer von Salzburg, ein St. Peterer. Mit so einem Rückgrat traute ich mir schon zu, das auch organisatorisch in die Reihe zu bringen. Und es gelang großartig. Die Aigners immer treu mit dabei.

Zusammen mit der Salzburger Lokalbahn schafften wir dieses Programm speziell als Heilig-Abend-Programm. Zeitlich war es so eingeteilt, dass wir abends nach der Gedenkfeier mit Fakeln zur Stille Nacht Kapelle kamen. Sepp Aigner und ich gingen immer voran. Randbemerkung: Die Oberndorfer, damals unter Bgm. Dr. Raimund Traintinger, meinten, wir müssten unbedingt vor der großen Feier vor der Kapelle ankommen. Das ging einfach nicht. Es war nach der Gedenkfeier in Arnsdorf einfach nicht die Zeit, das zu schaffen. Ausserdem wollten wir Ruhe haben, dann am Schluss vor der Kapelle. Es gelang bedingt. Konsequenz der Oberndorfer, sie drehten uns alles ab: Die vorher installierte Feierbeleuchtung, die Lautsprecher, den Schifferschützen verbot man, dass sie uns noch staffierten. Naja, wir sangen zum Abschluss die bescheidene Fassung des Liedes, ich mit Gitarre und verabschiedeten die meisten Gäste, die äußerst begeistert waren.

Sepp und ich wurden von Feuerwehraktivisten aus Lamprechtshausen nachhause gebracht, während Ottilie schon mit dem Festessen zuhause wartete. Um 18.30 war der öffentliche Heilige Abend vorbei. Für die Gäste ging es anschließend mit dem Zug nach Salzburg. Ja, so war das in den Anfangsjahren. Der Gang war sinnbildlich die Brücke zu Oberndorf, ein Nachvollziehen des Weges, den Mohr und Gruber zueinander gehen mussten, bevor das Lied entstand. Mit etwas gutem Willen wurde es dann mit den Jahren viel besser.

Noch ein Akteur im Stille-Nacht-Geschehen: Prof. Zinnburg war damals ORF-Volkskultur-Redakteur. Er war immer auch im Stille Nacht Geschehen eingebunden. Eines Tages ermunterte er uns, doch darüber nachzudenken in Arnsdorf eine neue Prangerschützen-Gruppe zusammenzustellen. Gesagt getan, Sepp Aigner und ich waren Paten und jeder spendete den ersten Stutzen, die von unserem einheimischen Stutzen-Experten, dem Seppenbauer in Reith, hergestellt wurden.

Und so ging es jährlich frisch fröhlich dahin. Von 1974 bis 1992 (Sepp Aigner verunglückte tödlich) bekamen die Aigners zu Weihnachten immer mehr Arbeit. Die „Bauernweihnacht“ war ein 5-Stunden-Programm. Bei jedem Wetter wanderten wir durch die Landschaft. Auf verschiedenen Höfen gab´s dann Lesungen, Stubenmusik und Gesangsbeiträge. Ottilie Aigner war natürlich auch immer mit dabei mit ihrer Stubenmusik. Die Gästeanzahl betrug in der Regel 40-60 Personen. Das war eine große Herausforderung. Es gab in der Regel bis zu 15 Personen als Mitwirkende. Termine? Jährlich manchmal bis zu 8 mal an 4 Adventwochenenden. Der Aufwand für die Bauern und Organisatoren war beträchtlich. Kaum ein Einheimischer kann sich heute vorstellen, was wir damals rund um die Stille-Nacht-Gedenkstätte Arnsdorf für die zahlreichen Gäste geschaffen haben.

Ja, jetzt, wo Ottilie nicht mehr ist…. Jetzt kommen all diese Erinnerungen wieder hoch. Ich musste sie niederschreiben, weil ich glaube, dass es richtig ist, wenn man sich – als so langer Wegbegleiter an ihrer Seite – an eine wunderschöne Zeit und an einzelne spannende Ereignisse erinnert.

Da Sepp wird si freun, wenn er sie jetzt bei sich hat…. Ja, wenn wir wüssten, was jetzt passiert…. R.i.P. beide.

Gotthard E d e r, Arnsdorf-Oberndorfer Stille Nacht-Solist seit 1961, hat 2 wunderschöne Stille-Nacht CD´s verlegt.
www.stillenacht-cd.at

Siehe auch:
Das Stille-Nacht Museum erstrahlt im neuen Kleid >
Das Stille Nacht Museum Arnsdorf, aus der Sicht der Ausstellungsgestalterin. >
UWL Gotthard F. Eder in Lamprechtshausen – der Gemeindepolitiker >
Traueranzeige OSR Ottilie Aigner >

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Dorfladen

1 Kommentar zu "Ottilie Aigner ist tot"

  1. Danke lieber Gotthard,
    … für den schönen würdevollen Nachruf zum Heimgang in die Ewigkeit von Frau Dir. Ottilie Aigner.

    Diesen Nachruf habe ich mit Bedacht und großem Ernst gelesen und dabei erfahren, dass sie im „Buch Deines Lebens“ wohl etliche Seiten „mit geschrieben“ hat und dadurch Deinen Lebens-Weg begleitete.

    Mit guten Gedanken begleite auch ich sie und die SALEM-Familie, mit auf dem Weg ins Licht; von der „Stillen Nacht“ zur himmlischen Friedens-Heimat !

    Mit lieben Dankesgrüßen
    Gerhard


    Gerhard Lipfert
    Geschäftsführer

    SALEM International gemeinnützige GmbH
    Christliches Sozialwerk
    non-profit welfare Organisation
    Lindenhof Salem – 95346 Stadtsteinach

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