„Le nozze di Figaro“ – als bissig-ernste Komödie

Figaros Hochzeit

Regisseur Jacopo Spirei komplettiert mit Mozarts Figaro seinen Da-Ponte-Zyklus am Salzburger Landestheater. Wie schon bei „Don Giovanni“ (2011) und „Così fan tutte“ (2013) finden auch diesmal die amourösen Irrungen im heutigen Amerika statt und zwar im Sündenpfuhl Hollywood. Die spritzige Inszenierung unterhielt das Premierenpublikum am 20. Jänner 2018 bestens.

Elisabeth PichlerVon Elisabeth Pichler

Umzugskisten stapeln sich in der eleganten Villa des Grafen Almaviva, denn Susanna soll nach ihrer Hochzeit mit Figaro ganz nahe bei ihrem Chef residieren. Figaro findet das anfangs sogar ganz praktisch, doch als er den wahren Grund erfährt, ist er zu Recht entrüstet. Die Gräfin leidet darunter, dass ihr Gatte sie nicht mehr begehrt, und genießt daher die Schmeicheleien des jugendlichen Pagen Cherubino umso mehr. Die Eifersucht des Grafen will sie nutzen, um ihm mit Susannas Hilfe einen ordentlichen Denkzettel zu verpassen. Vielleicht rafft sich dann der umtriebige Herr doch noch zu einer Entschuldigung auf.

Figaros Hochzeit

Der britische Bariton George Humphreys gibt souverän den sexsüchtigen Grafen, der in einer vornehmen weißen Villa residiert und eigentlich Weinstein und nicht Almaviva heißen sollte. Die Sopranistin Laura Nicorescu überzeugt sowohl stimmlich als auch schauspielerisch als quirlige Susanna. Mit ihrer unbekümmerten Art und dem hochgeschlitzten Rock ist sie eine wahre Augenweide und wird vom Grafen daher ständig begrapscht und bedrängt. Versiert und doch bodenständig der amerikanische Bassbariton Aubrey Allicock als schlitzohriger Figaro. Charmant Shahar Lavi als jugendlich-frecher Cherubino, dem die Offiziersuniform ausgezeichnet steht. Stimmlich überaus stark die deutsche Sopranistin Anne-Fleur Werner, die für ihre bewegende Arie „Dove sono i bei momenti“ großen Jubel erntet. Entzückend Tamara Ivaniš als Barbarina, die verzweifelt im dunklen Garten nach der verlorenen Nadel sucht. Während der Chor der Bediensteten im ersten Akt seinen Grafen noch hochleben lässt und dabei Plakate mit seinem Konterfei und Parolen wie „I Say No To Sexual Harassment“ und „Women‘s Rights Are Human Rights“ hochhält, schaut die Sache nach der schiefgegangenen Verführung im Finale ganz anders aus, denn jetzt winkt die gesamte weibliche Dienerschaft vorwurfsvoll mit den bekannten #MeToo-Schildern.

In Jacopo Spireis Inszenierung geht ohne Handy gar nichts. Es wird ständig telefoniert, recherchiert, fotografiert und sicherlich das eine oder andere Selfie ins Netz gestellt. Selbst als die Gräfin herzerweichend den Verlust ihrer Liebe beklagt, zeigen ihre Freundinnen keinerlei Mitleid, sie sind voll und ganz mit dem kleinen schwarzen Ding beschäftigt. Bettina Richter hat eine moderne Villa mit Dachterrasse und Pool auf die Drehbühne gestellt, genügend Platz also für die Hochzeitsfeierlichkeiten und die nächtlichen Umtriebe im dunklen Garten.

Das Mozarteumorchester unter dem umsichtigen Dirigat von Adrian Kelly sorgt mit viel Gespür für einen wirklich schönen, duftigen Mozart-Klang für einen rundum gelungenen Opernabend. In der Theatersaison 2018/19 werden alle drei Da-Ponte-Inszenierungen von Jacopo Spirei auf dem Spielplan stehen, eine großartige Gelegenheit, den ganzen Zyklus zu genießen.

Figaros Hochzeit

„Le nozze di Figaro“ – Wolfgang Amadeus Mozart. Opera buffa in vier Akten. Musikalische Leitung und Dirigat: Adrian Kelly. Inszenierung: Jacopo Spirei. Ausstattung: Bettina Richter. Mit: George Humphreys/Elliott Carlton Hines, Anne-Fleur Werner/Angela Davis, Susanna Laura Nicorescu, Aubrey Allicock/Raimundas Juzuitis, Cherubino Shahar Lavi/Arina Alexeeva, Frances Pappas, Raimundas Juzuitis, Franz Supper/Gürkan Gider, Alexander Hüttner, Tamara Ivaniš, Michael Schober, Sylvia Offermans, Desislava Ilieva. Chor und Statisterie des Salzburger Landestheaters. Mozarteumorchester Salzburg. Foto: Löffelberger/ SLT

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