Landschaft mit Katastrophe – Toihaus

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Wie meist betritt man dieses ganz spezielle kleine Theater, indem man mitten über die Bühne spaziert und sogleich einen ersten Eindruck erhält, was die nächste Stunde zu erwarten ist. In einer Ecke türmen sich Matratzen und haufenweise Altkleider und Stofftücher, die wie die Überreste eines Flohmarktes wirken. Es schaut eigentlich alles ganz gemütlich aus.

Von Elisabeth Pichler.

Auf einem kleinen Fernsehapparat laufen Bilder, die nur ganz undeutlich weitere Unordnung projizieren, Genaueres kann da eigentlich nicht festgestellt werden. Musikuntermalung, aber auch eigenwillige Geräuschkulissen kommen aus verschiedenen Lautsprechern und erzeugen eine ganz eigentümlich meditative Stimmung. Videoprojektionen sind ein wesentlicher Teil des Bühnenbildes und machen den Kleiderberg fast lebendig.

Nach einiger Zeit im Halbdunkel windet sich aus dem Kleiderhaufen eine „Fetzenfrau“ heraus, während ein männliches Wesen in ebenso desolater Kleidung ganz versonnen vor sich hin tanzt. Die Beiden scheinen sich richtig wohl zu fühlen in ihrer kleinen Welt und nehmen sich erst gar nicht richtig wahr. Übermütig werfen sie bald Kleider und Tücher in die Luft und verstreuen diese absolut malerisch über die Bühne. Doch in diesem Chaos herrscht auch eine gewisse Ordnung, denn alles wirkt farblich sortiert, hier ein roter Berg, dort ein grüner.

Nun arbeiten sich die beiden Tänzer mit viel Phantasie durch die Stoffberge, sie lassen grüne Wiesen entstehen, durch die sich blaue Bächlein winden, und schwimmen durch Flüsse. Dann wiederum spielen sie mit den Kleidungsstücken. Besonders beeindruckend der Tanz bzw. Kampf von Cornelia Böhnisch mit einer Kostümjacke, der an die Pullover-Bilder von Erwin Wurm erinnert. Felipe Salazar Hildalgo zieht seinerseits als Wanderer in Zeitlupe seine Kreise, indem er sich immer mehr in weiße Bänder hüllt.

Gegen Ende werden wir plötzlich aus unserer meditativen Stimmung gerissen, durch eine völlig überdrehte, witzige Modenschau. Mit den verrücktesten Utensilien stolzieren die Beiden auf und ab und sind von den auf Laufstegen gezeigten untragbaren Kreationen gar nicht so weit entfernt. Und dann taucht überall der Schriftzug auf: „Landschaft mit Katastrophe“. Und wir wissen leider nur allzu gut, was damit gemeint sein soll, denn Cornelia Böhnisch singt dazu einen rund 40 Jahre alten Song „Mein Freund, der Baum ist tot….“, erschreckend, wie aktuell dieser Text heute ist.

Ein absolut gelungener, experimenteller Abend, kurzweilig und sehr animierend.

Landschaft mit Katastrophe. Tanz, Theater, Video. TOIHAUS SALZBURG – PREMIERE: 23. APRIL 2009 / FELIPE SALAZAR HILDAGO, CORNELIA BÖHNISCH (TANZ), KATHARINA SCHROTT (CHOREOGRAPHIE), SCOTCH MAIER (DRAMATURGIE), CORNELIA BÖHNISCH (IDEE) / Fotos: © 2008 Toihaus/ Michaela Grieshaber

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