Peter Raffalt inszeniert im Schauspielhaus Salzburg Friedrich Dürrenmatts 1962 uraufgeführte Komödie als schrille Satire. Der Autor warnt in dem Stück, das gerne als Schullektüre verwendet wird, vor dem Missbrauch technischer Errungenschaften. Die Premiere am 4. November 2018 brachte 80 Minuten rasante Unterhaltung.

Von Elisabeth Pichler
Kriminalinspektor Voß ist schwer verunsichert. Schon wieder ein Mord an einer Krankenschwester im Sanatorium von Fräulein Doktor Mathilde von Zahnd. Und wieder kann er niemanden verhaften, denn Wahnsinnige sind eben keine Mörder, sondern nur Täter. Im Irrenhaus logieren drei verwirrte Physiker. Herr Beutler hält sich für Newton, Herr Ernesti für Einstein, Herr Möbius hingegen führt angeblich Gespräche mit König Salomo. In Wirklichkeit ist keiner der drei Physiker wirklich geisteskrank.
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Möbius hat die sogenannte Weltformel und ein „System für alle möglichen Erfindungen“ aufgestellt, Entwicklungen von großer Gefahr. Um zu verhindern, dass diese in falsche Hände geraten, hat er sich schon vor Jahren in eine Anstalt einweisen lassen. Ernesti und Beutler geben sich schließlich als Spione verschiedener Systeme zu erkennen. Beide versuchen, Möbius für ihre Regierung zu gewinnen. Der Weg in die Freiheit führt nur über die Irrenärztin, allerdings ist auch ihr angeblich König Salomo erschienen und das verheißt nichts Gutes.

Den Mord an einer Krankenschwester darf das Publikum als aufregendes Schattenspiel live miterleben. Der Täter, Herr Ernesti, der sich für Einstein hält (Antony Connor), schnappt sich zur Beruhigung seine Geige und fiedelt munter drauf los. Die Irrenärztin (Susanne Wende) muss ihn dabei am Klavier begleiten. Kein Wunder, dass Inspektor Voß (Simon Jaritz) völlig überfordert ist. Herr Beutler, der sich für Newton hält (Olaf Salzer), hat seine Krankenschwester schon vor einiger Zeit erdrosselt, nun ist nur noch Herr Möbius (Theo Helm) ausständig. Seine muntere Pflegerin (Kristina Kahlert) wird wohl auch nicht mehr lange leben. Als komödiantisches Kabinettstück erweist sich der skurille Besuch der Ex-Frau von Möbius (Ute Hamm) mit ihren drei Flöte spielenden Söhnen. Kein Wunder, dass Möbius nun völlig durchdreht.

Wie schon der Medienkünstler, Schauspieler und Regisseur Herbert Fritsch mit seiner völlig schrägen, umjubelten Aufführung 2015 in Zürich bewiesen hat, eignet sich Dürrenmatts Komödie „Die Physiker“ hervorragend für eine schrille Inszenierung. Auch Peter Raffalt arbeitet mit Übertreibungen und spart nicht mit Ulk und Tollerei. Agnes Hamvas (Ausstattung) hat dem Ensemble die dazu passenden überspitzten Kostüme und Frisuren verpasst.
Ein unterhaltsamer Theaterabend, ein Klassiker, der in dieser Version sicherlich auch bei jungem Publikum gut ankommen wird. Thematisch bietet das Stück eine Reihe von Ansatzpunkten für die Behandlung im Unterricht. Die Frage nach der Verantwortung der Wissenschaft und nach dem Umgang mit für die Menschheit potenziell gefährlichen Entdeckungen ist heute aktueller denn je und wird immer brisanter.
„Die Physiker“ von Friedrich Dürrenmatt. Regie: Peter Raffalt. Ausstattung: Agnes Hamvas. Musik: Georg Brenner. Mit: Susanne Wende, Kristina Kahlert, Simon Jaritz, Olaf Salzer, Antony Connor, Theo Helm, Ute Hamm. Fotos: Jan Friese
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