Ein Vater wartet in einem Tattoo- und Piercingstudio auf seine Tochter, die sich dort unbedingt „verschandeln“ lassen will. Edi Jäger erzählt, unterstützt von seiner Tochter Magdalena Köchl, vom oft frustrierenden Zusammenleben mit pubertierenden Kindern. Josefina Vázquez Arco, die Autorin des Stücks, widmet sich dem Thema „Pubertät“ einfühlsam, doch auch mit viel Humor.

Von Elisabeth Pichler
Heinz Feldmann dürfte von der Schranne kommen, denn sein Einkaufskorb ist mit Obst und Gemüse prall gefüllt. Die schrecklichen Bilder von diversen Tattoos und Piercings, die im Wartezimmer des Studios hängen, dürften ihm jedoch den Appetit verderben. Für diese seltsamen Bräuche, die es hier zu bewundern gibt, hat er kein Verständnis. „Das ist nicht unsere Kultur!“ Seiner Meinung nach gehören freiwillig und mutwillig zerstochene Gesichter und Körperteile in die Wildnis, oder gleich nach Bora Bora, wo sich Männer zur Luststeigerung sogar Federn einpflanzen lassen.

Wie hatte es nur so weit kommen können? Schuld war die ach so coole Oma, die ihre Enkelin ganz harmlos fragte: „Was wünscht du dir eigentlich zu Weihnachten, mein Kind?“ Gegen den Wunsch nach einem Piercing hatte sie nichts einzuwenden und so zogen auch die vernünftigsten Argumente der Eltern nicht mehr. Aus dem einst so lieben, kleinen Mädchen war eine freche, unberechenbare, grausame Kreatur geworden, die ihren Vater stets mit einer Mischung aus Abscheu und Mitleid mustert. Was hat er nur falsch gemacht? Nur allzu gerne rächt er sich, indem er ihr das Ladekabel für ihr geliebtes Handy versteckt. Auch droht er ständig damit, mit einem vergessenen Jausenbrot in der Schule aufzutauchen und sie vor all ihren Mitschülern so richtig schön zu blamieren. Das wäre dann wirklich peinlich. Wie lief die komplizierte Zeit der Pubertät wohl früher ab? Seine Mutter hat dazu eine ganz simple Erklärung: „Da war man ein bisschen frech, hat eine Watsche bekommen und schon war die Pubertät vorbei.“
Zwei weiß gekleidete Herren (Robert Kainar und Chris Neuschmid), die Ärzten in einem Tollhaus ähneln, sorgen für eine stimmungsvolle musikalische Untermalung und eine eindrucksvolle Geräuschkulisse. Magdalena Köchl überzeugt mit kräftiger Stimme und ist auch einem Duett mit ihrem Vater nicht abgeneigt. Edi Jäger spielt den Vater am Rande eines Nervenzusammenbruchs mit enormem körperlichen Einsatz, schlüpft jedoch auch in diverse andere Rollen. So versteht er es etwa als hormongesteuerter, vorlauter, frecher Jüngling, seine arme Lehrerin im Biologieunterricht so richtig fertig zu machen.
Ein höchst amüsanter Theaterabend, der jede Altersgruppe zu unterhalten vermag. Die Jugend wird sich sagen: „So schlimm sind wir doch gar nicht!“ Eltern werden mitleiden oder froh sein, dass sie diese anstrengende Zeit mit ihren Kindern schon hinter sich haben. „Pubertät“ steht noch am 19. Jänner und 15. März 2019 im Kleinen Theater auf dem Programm.
„Pubertät“ von Josefina Vázquez Arco. Regie: Fabian Kametz. Musik: Robert Kainar, Chris Neuschmid und Magdalena Köchl. Mit: Edi Jäger. Spieldauer ca. 90 min. Foto: Christian Hartmann (sixtlK.at)
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