„Barfuß“ – Kleines Theater – post it – productions

In dem Monolog „Barfuß“ schlüpft der Wiener Schauspieler Oliver Haller in die Rolle eines erfolgreichen Werbefachmanns, der sich auf erotische Abenteuer einlässt und allmählich die Kontrolle verliert. Ein Bühnenstück nach der gleichnamigen Novelle von Michael Kleeberg.

Ein steriler, weißer Raum, rechts ein Schreibtisch mit Computer, links ein Laufband, Red-Bull-Dosen im Raum verteilt. Oliver Haller erscheint im hellen Geschäftsanzug, hängt sich ein Handtuch um den Hals und besteigt sein Fitnessgerät. Doch er wirkt unkonzentriert, ständig muss er sich Notizen machen und zündet sich dabei eine Zigarette nach der anderen an. Schließlich gesteht er seine tiefe Depression, allerdings nicht hervorgerufen durch seinen Arbeitsstress, sondern den Tod seines Katers. Eigentlich könnte er mit seinem Leben zufrieden sein, denn er hat mit seinen 30 Jahren schon viel erreicht: Er ist Teilhaber einer Pariser Werbeagentur, relativ glücklich verheiratet, seine Frau ist schwanger. Obwohl er sein Leben klug geplant hat, scheint doch irgendetwas zu fehlen. Als er jedoch während der Arbeit am Bildschirm zufällig auf die Seite einer sadomasochistischen Kontaktagentur stößt, treten in ihm verborgene Wünsche und Sehnsüchte zutage. Zu seiner eigenen Verwunderung und entgegen seinen Neigungen nimmt er Kontakt mit einem 50-jährigen Professor auf und lässt sich auf ein erstes Treffen ein. Erst glaubt er an ein einmaliges Abenteuer, das er im Griff behalten werde. Doch das Treffen entwickelt seine eigene Logik und einen unerbittlichen Sog. Während er weiter aus seinem Leben erzählt, von einer fast vergessenen Jugendliebe, von der ersten Begegnung mit seiner Frau, von ihrer Schwangerschaft, von den Besuchen bei den Schwiegereltern in der Bretagne und von seinen literarischen Versuchen, wird das Verlangen nach einer weiteren Begegnung mit seinem Meister und Erlöser immer größer. Dieser verlangt von ihm, als Zeichen seiner bedingungslosen Unterwerfung „barfuß“ zu den Treffen zu erscheinen.

Oliver Haller, groß gewachsen und durchtrainiert, spielt diesen Kreativjunkie auf Abwegen, für den jeder Schlag nicht nur Lustgewinn, sondern auch Befreiung bedeutet. Die zunehmend brutaler werdenden Sadomaso-Treffen finden hinter einer weißen Lamellenwand statt und sind nur durch ihre Schattenwürfe zu erahnen, doch das reicht völlig aus, um eine absolut beklemmende Stimmung hervorzurufen.

Michael Kleebergs 1995 erschienene Erzählung zeigt den Einbruch des Chaos und der Leidenschaft in ein scheinbar perfekt geordnetes Leben. Die bürgerlichen Konventionen sind zum Gefängnis geworden, Befreiung gibt es auf höchst unkonventionelle Weise. Der subtilen Regie von Jörn Mensching und der bravourösen Leistung von Oliver Haller ist es zu verdanken, dass dieser doch sehr bedrückende Stoff vom Publikum begeistert aufgenommen wurde.

„Barfuß“ – post it – productions / Bühnenstück nach der gleichnamigen Novelle von Michael Kleeberg / Text u. Regie: Jörn Mensching / Dramaturgie: Dr. Catharina Oerk / Mit: Oliver Haller


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