Der amerikanische Erfolgsautor mit pakistanischen Wurzeln Ayad Akhtar verpackt geschickt aktuelle Themen in einen Psychothriller. Das Stück zeigt, wie ein gekidnappter Börsenmakler um sein Leben kämpft. Die Premiere des Vier-Männer-Stücks fand am 10. Mai 2019 im Schauspielhaus Salzburg statt.

Von Elisabeth Pichler
Der amerikanische Banker Nick Bright wird von einer islamistischen Splittergruppe in Pakistan festgehalten. Niemand ist jedoch bereit, die geforderten zehn Millionen Dollar Lösegeld zu zahlen, mit denen der Anführer Imam Saleem die Straßen seines Landes sanieren will. Um sein Leben zu retten, macht Nick seinen Entführern einen aberwitzigen Vorschlag. Er will mit seinem eigenen, auf den Cayman Islands geparkten Vermögen in Höhe von drei Millionen Dollar die geforderte Summe im Lauf eines Jahres auf den globalen Finanzmärkten verdienen. Da er selbst keinen Computer anrühren darf, spekuliert sein Bewacher Bashir auf seine Anweisungen hin an der Börse. Der idealistische und ebenso rücksichtslose Glaubensführer Imam kann den Verlockungen des Geldes nicht widerstehen und bedient sich am ständig wachsenden Handelskonto. Auch Bashir, der kapitalismuskritische Schüler, überflügelt nach und nach seinen Meister und wird zum Wirtschafts-Terroristen.
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Nick Bright (Bülent Özdil) sitzt gelangweilt und genervt in seiner kleinen Zelle und versucht, mit dem etwas naiven Wächter Dar (Thomas L. Hofer) ins Gespräch zu kommen, um ihn für sich zu gewinnen. Der unberechenbare und aggressive Bashir (Christopher Schulzer) ist da nicht so leicht zu verführen. Das Verhältnis zwischen Geisel und Bewacher steht unter Strom, wechselt ständig und sorgt für extrem spannende Momente. Schließlich gesteht Bashir, dass er unter dem Stockholm-Syndrom leide, nur im umgekehrten Sinn. Er empfinde fast Bewunderung für seine Geisel, die ihm die Tricks und Taktiken eines Börsenspekulanten verrät. Imam Saleem (Antony Connor), ein falscher Heiliger, der der Macht des Geldes erliegt, liebt psychologische Spielchen bis hin zur Scheinerschießung.
Ayad Akhtar zeigt Pakistan als zutiefst zerrissenes Land. Einst strategischer Partner für die USA beherbergt es heute antiamerikanische islamistische Terror-Organisationen. Kein Wunder, dass hier Osama bin Laden Unterschlupf finden konnte.
Florian Hackspiel hat das Stück als spannenden Thriller inszeniert. Auch wenn Nick Bright darauf baut, dass man einen Goldesel nicht töten werde, kann er sich nie ganz sicher sein.
„Die unsichtbare Hand“ von Ayad Akhtar. Regie: Florian Hackspiel. Bühne: Annett Lausberg. Musik: Philipp Tröstl. Mit: Bülent Özdil, Christopher Schulzer, Antony Connor, Thomas L. Hofer. Fotos: Jan Friese
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