In den Kammerspielen schlüpfen zwei Schauspielerinnen und zwei Schauspieler in die Rolle des bayrischen Sprachkünstlers Karl Valentin (1882-1948), der sich selbst als Humorist, Komiker und Stückschreiber sah.

Von Elisabeth Pichler
Eine Hommage an einen Wortkünstler, der mit seinem Humor und Sprachwitz zahlreiche nachfolgende Künstler beeinflusst hat, darunter Bertolt Brecht, Loriot und Gerhard Polt.
Erschöpft reißen sich vier Schauspieler die Perücken vom Kopf und beginnen sich abzuschminken. Die Vorstellung ist vorbei, sie sind hungrig und müde und wollen nur noch nach Hause. Doch irgendwer hat die Türe versperrt und so sind sie gezwungen, die Nacht in der kalten, ungemütlichen Künstlergarderobe, eigentlich mehr einer zugemüllten Abstellkammer, zu verbringen.
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Zank und Streit sind also vorprogrammiert. Alles beginnt mit einem „Streit mit schönen Worten“ zwischen den Jungen (Nikola Jaritz-Rudle und Jakob Egger), bevor der grantige, über die Temperatur der Suppe mosernde Ehemann (Walter Sachers) von seinem Eheweib (Britta Bayer) endlich den nun leider verbrannten „Hasenbraten“ serviert bekommt. Es ist genügend Zeit, die Szene so oft zu wiederholen, bis wirklich alles passt. Nachdem die armen Wirtshaussemmeln ihr unerträgliches Leid eindrucksvoll geschildert haben, wird philosophiert, denn „Pessimistischer Optimismus“ ist angesagt. Einer der wirklich großen „Erleuchtungsmomente“ ist die Idee der Einführung einer Theaterpflicht, nach dem Muster der Schulpflicht. Der Mensch wäre also gezwungen, 365 Mal im Jahr ins Theater zu gehen, ob es ihm nun vor dem Theater graust oder nicht. Einem Schüler graust es ja auch, in die Schule zu gehen, aber er geht gern hinein, weil er muss.
Sogar der Teufel erscheint in dem Sketch „Ich komme von der Hölle rauf“ und beklagt sich über die Überfüllung seines Reviers, verwendet man doch in Bayern den Spruch „den oder die soll der Teufel holen“ viel zu oft. Nach der Pause erklärt der Vater dem Sohn den Krieg, wie er entsteht und wie er zu verhindern wäre. Natürlich darf auch der legendäre „Buchbinder Wanninger“ in der Mixtur aus Texten, Sketchen und Liedern nicht fehlen.
Der junge, im bayerischen Chiemgau aufgewachsene Regisseur Alessandro Visentin hat Originaltexte von Karl Valentin mit eigenen Texten kombiniert und Eva Musil (Bühne und Kostüme) hat mit einer ungemütlichen Künstlergarderobe den passenden Rahmen für die nostalgische Hommage an einen Ausnahmekünstler geschaffen. Karl Valentin musste nämlich bei einem Gastspiel im „Bunten Würfel“ in einer ungeheizten Garderobe übernachten und holte sich dabei buchstäblich den Tod.
„Eine Nacht im Theater: Ein Karl-Valentin-Abend“ mit Originaltexten von Karl Valentin und zusätzlichen Texten von Alessandro Visentin. Kammerspiele. Inszenierung: Alessandro Visentin. Bühne und Kostüme: Eva Musil. Dramaturgie: Friederike Bernau. Mit Britta Bayer, Jakob Egger, Nikola Jaritz-Rudle und Walter Sachers. Fotoss: SLT/ Tobias Witzgall
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