Die US-amerikanische Filmsatire „Network“ von Paddy Chayefsky erhielt 1976 vier Oscars. Lee Halls Bühnenadaption brachte das Landestheater Salzburg im ORF Landesstudio Salzburg am 25. September 2020 zur deutschsprachigen Erstaufführung.

Von Elisabeth Pichler

Howard Beale ist seit 25 Jahren Nachrichtensprecher für UBS (Union Broadcasting System) und somit die „Stimme Amerikas“. Als durchsickert, dass er entlassen werden soll, macht ihn das so wütend, dass er ankündigt, er werde sich in der nächsten, seiner letzten Sendung vor laufender Kamera erschießen. Man billigt ihm zwar eine letzte Sendung zu, aber nur um sich gebührend zu verabschieden. Beale nutzt jedoch die Sendung, um seinen ganzen Frust loszuwerden: „Ich hab den Bullshit satt!“ Dann wettert er gegen seinen Arbeitgeber und den Zustand der Welt, die ein einziges Schlachtfeld sei. Das Medienecho ist enorm und die Quoten steigen. Statt einer Kündigung bekommt Beale eine wöchentliche Sendung, einen Kommentarteil zu den Nachrichten, in dem er seinen Tiraden freien Lauf lassen darf. So wird er zum modernen Propheten, der gegen die Verlogenheit der Welt wettert. Als ihm jedoch die Firmenchefin ihre Philosophie des globalen Kapitalismus eröffnet, meint er, „das Antlitz Gottes“ gesehen zu haben. Bald schon befinden sich daher die Quoten im Sturzflug. ___STEADY_PAYWALL___
Axel Meinhardt darf als charismatischer Prophet den ganzen, in 25 Arbeitsjahren aufgestauten Frust loslassen. „Ich hab die Schnauze voll! Ihr könnt mich alle am Arsch lecken!“ Er merkt dabei gar nicht, dass er wie ein Jahrmarkt-Freak ausgebeutet wird. Die skrupellose Programmdirektorin (Britta Bayer) geht für Quoten über Leichen und für die Übernahme des Konzepts der erfolgreichen Sendung mit dem Produzenten Max Schuhmacher (Georg Clementi) ins Bett. Die vielen Projektplanungen lassen bei ihr aber nur wenig Gefühle aufkommen. Christoph Wieschke rast als gestresster Manager von einem Meeting zum nächsten, während Alessandro Visentin als Producer kaum etwas zu melden hat. Chris Lohner hat als hobbymalende und shoppende Konzernchefin prägende Auftritte.

Die Übersiedlung der Produktion ins Landesstudio Salzburg des ORF verleiht dem Stück eine ganz besondere Authentizität und gewährt dem Publikum einen Blick hinter die Kulissen einer Live-Sendung. Da wuselt Studiopersonal, erkennbar an den schwarzen T-Shirts und MNS mit UBS-Logo, geschäftig hin und her. Einige Szenen und Interviews darf man auf diversen Bildschirmen mitverfolgen und so lernt man schon früh einen Terroristen kennen, der im Finale seinen großen Auftritt hat. Dass sich hinter der Maske Maximilian Pfnür versteckt, wird erst beim Studieren des Programmheftes klar.

„Network“ ist eine überaus vergnügliche, dystopisch-satirische Abrechnung mit der Medienbranche und an Aktualität kaum zu überbieten.

„Network“ von Lee Hall. Nach dem Drehbuch von Paddy Chayefsky. Deutsch von Michael Raab. Österreichische Erstaufführung. ORF Landesstudio Salzburg. Inszenierung: Klaus Tröger. Bühne und Kostüme: Katja Schindowski. Mit: Axel Meinhardt, Georg Clementi, Christoph Wieschke, Britta Bayer, Alessandro Visentin, Walter Sachers, Chris Lohner, Mira Huber, Philip Hammerschmid, Christopher Hipper, Maximilian Pfnür. Fotos: © Tobias Witzgall / SLT
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