Linde bei Aglassing

1 Aglassing Linde Bühelhaiden

Fotos: Wolfgang Bauer

Mein Besuch bei alten Bäumen (4)

Wenn man von Oberndorf in Richtung Obereching fährt, dann kommt man einige hundert Meter nach dem Ortsende in Bühelhaiden zu der Abzweigung nach Aglassing. Hier stand bis zum Jahr 2010 eine mächtige alte Linde. Der Stammumfang betrug in einem Meter Höhe 4,50 Meter.

Wolfgang Bauer

Von Wolfgang Bauer

Die Straße macht hier nach einer langen geraden Strecke eine leichte Kurve. Obwohl die Geschwindigkeit dort beschränkt ist, kam es hier manchmal zu Unfällen, davon vierzehn Jahre vorher zu einer tödlichen Frontalkollision mit dem Baum.

Die Linde war davon weder arg beschädigt noch sonst ernsthaft krank. Trotzdem wurde sie umgeschnitten, weil sie für Raser eine Gefahr war. Auch der Wurzelstock wurde später herausgebaggert, der im Jahr darauf noch kräftig aus dem Baumstumpf ausgetrieben hatte.

Heute steht dort ein Buswartehäuschen und einige Meter von der Straße entfernt ein junges Bäumchen.

Die Linde mit einem Stammumfang von 4,50 Meter. Zum Vergleich meine Tochter im Baum

Diese Straße zwischen Oberndorf/Maria Bühel und Obereching bestand seit uralten Zeiten. Wahrscheinlich lebten hier Menschen bald nachdem der Salzachgletscher vor 10.000 Jahren abgeschmolzen und der zurückgelassene See über die Salzach abgeflossen war.

Der Wurzelstock trieb im Jahr nach dem Umschneiden nochmals kräftig aus

Archäologische Funde reichen an diesen Orten zurück bis 1800 v. Chr. Die Siedlungen wurden immer auf Geländeterrassen errichtet, die einigen Schutz boten. Sie waren in der Nähe der Salzach entstanden, meist an einem Bach oder einer Quelle. In Oberndorf war dies auf der Lindachhöhe in der Nähe der Einmündung der Oichten in die Salzach. In Obereching und Untereching an Salzach und Pladenbach.

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Bronzezeitliche Funde an der Wand einer Schottergrube

So fand man bei Oberndorf Keramiktöpfe aus 1800 – 1600 v. Chr. von einer kleinen Siedlung und in Obereching vier Depots von Spangenbarren aus Kupfer – insgesamt mehrere hundert Exemplare mit einem Gesamtgewicht von rund 100 kg, die als eine Art Währung gehandelt wurden. Die Besitzer dieser damals sehr wertvollen Stücke konnten sie aber wohl nicht mehr bergen.

Spangenbarren

Aus der Keltenzeit und der Römerzeit liegen in der Nähe ebenfalls zahlreiche Funde vor. Auf der Lindachhöhe bei Oberndorf fand man die Fundamente eines Grabtempels, der zu dem Gräberfeld einer römischen Siedlung gehört hatte. In Obereching wurde ein Hügelgrab aus der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. mit reichen Grabbeigaben gefunden. Es gehörte zu einer villa rustica, die sich in der Nähe befand. Von einer Schmiede, die wegen der Brandgefahr etwas abseits der Wohnhäuser gebaut worden war, grub man unter anderem einen guterhaltenen hölzernen Brunnenschacht aus.

Nach dem Abzug der Römer im Jahr 488 verblieben jedoch viele der römische Siedler im Land. Es erfolgte eine intensive Besiedlung durch die Bajuwaren. So wurde in Untereching ab 1894 ein großes Gräberfeld freigelegt. Auch in der näheren Umgebung um unsere Linde erinnern etliche Ortsnamen mit …ing Endungen an die Bajuwaren. Neben Eching auch Aglassing, Loipferding oder Göming.

Ein Gedenkstein in Untereching erinnert an den Fund eines Bajuwaren-Friedhofes aus der Zeit um 600 n. Chr.
Ein Gedenkstein in Untereching erinnert an den Fund eines Bajuwaren-Friedhofes aus der Zeit um 600 n. Chr.

So hat die Linde nicht nur im Lauf der Jahrhunderte viel gesehen, sondern sie stand an einer Straße, die mindestens seit dreieinhalb Jahrtausenden begangen worden ist.

Die Linde von Aglassing nach Sonnenuntergang im Jahr 2005
Die Linde von Aglassing nach Sonnenuntergang im Jahr 2005
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