Peter Simon Altmann: Das Andere

SimonPeterAltmann

Peter Simon Altmann | Foto: Edition Laurin

Autor: Peter Simon Altmann
Titel: Das Andere
Herausgeber: edition laurin bei innsbruck university press;
1. Edition (11. Februar 2020)

Sie können das Buch bei Ihrer Lieblingsbuchhandlung ums Eck oder online bei den Salzburger-Krimihelden bestellen >

Klappentext:

Jakob Waltz, ein erfolgreicher Unternehmer, beschließt nach einem Herzinfarkt, sich radikal zu verändern. In der neu gewonnenen Freiheit folgt er den Spuren des französischen Arztes und Schriftstellers Victor Segalen, der vor mehr als hundert Jahren in Peking gelebt hat.

Auf seinen Reisen nach China und Thailand muss Waltz jedoch feststellen, dass es nicht so einfach ist, die Vergangenheit von sich abzustreifen und seinem Leben einen neuen Sinn zu geben. Dabei wird ihm die Idee des Anderen, wie sie Segalen konzipiert hat, zur obsessiven Wunschvorstellung.

Wie schon in seinen bisherigen Büchern versucht der Autor Peter Simon Altmann die Ästhetik Ostasiens nicht nur zu thematisieren, sondern auch formal umzusetzen. Gleich den weißen Flächen in einer Tuschmalerei ist das Ungesagte in dieser Erzählung ein bewusst verwendetes Gestaltungsprinzip.

Peter Reutterer

Rezension von Peter Reutterer

Die Suche des Einzelgängers nach „dem Anderen“

Paradoxer Weise muss sich das Individuum auf sich selbst zurückziehen, um sich auf „das Andere“ hin öffnen zu können. Das führt uns der neue -wegen der Pandemie noch nicht präsentierte- Roman des Salzburger Autors Peter Simon Altmann vor. So wie in Altmanns früheren Büchern erhofft sich der Protagonist, über Erfahrungen im Fernen Osten (nicht zuletzt sind es auch erotische Begegnungen) dem mysteriösen Sinn unseres Daseins auf die Schliche zu kommen.

Seinem Strukturprinzip, die Romanhandlung an (kultur)philosophischen Konzepten festzumachen, bleibt der Autor auch im neuesten Werk treu: War es in „Der zweite Blick“ der europäische Don Juanismus, in „Der Zeichenfänger“ die Tiefgründigkeit chinesischer Ikonographie, so ankert diese Romanhandlung vor allem in Stendhals „Rouge et Noir“ und den Schriften des französischen Arztes Victor Segalen. Bei Stendhal gelingt es der Hauptfigur Julien Sorel vor seiner Hinrichtung über die Begegnung mit einer Frau „das Andere“ zu erfahren, von kleinlicher Eigenliebe befreit zu werden und schließlich gefasst in den Tod zu gehen. In der Begegnung mit fremden Kulturen (bei Segalen und Altmann v.a. mit der ostasiatischen) geht es darum, Eigeninteressen und gewohnte Kategorien des Wahrnehmens und Denkens hintanzustellen, um sich wirklich auf das Andersartige und Exotische einlassen zu können. Dieses Öffnen und Erfahren von „Anderem“ bedeutet tiefste Sinn- und Wirklichkeitserfahrung.

Zunächst aber -wie zu Beginn angemerkt- muss sich Jakob Waltz auf sich selbst zurückziehen, er hat seine Karriere als erfolgreicher Prokurist beendet und auch seine familiären Verbindlichkeiten gegenüber Ehefrau und zwei Kindern aufgelöst. Um ohne Eigeninteressen und Verstellung durch eingefahrene Muster „das Andere“ erfahren zu können, bedarf es der Verfeinerung der Sinne. Das geschieht zum einen in Form von präzisen wie achtsamen Natur- und Weltbeobachtungen, in denen sich der zwischen Salzburg/Bayern und China/Thailand pendelnde Lebemann ergeht. Zum anderen erleben wir mit Jakob Waltz erotische Begegnungen, vor allem mit Asiatinnen. Durchaus behutsam, wenn auch mit wohltuender Ehrlichkeit abgehandelt. Ungebunden, obsessiv beobachtend und suchend, wird Jakob Waltz zum Forscher an der Wirklichkeit, eine Grundintention jedes ernsthaften Schriftstellers.

Damit bin ich bei dem großen Vergnügen angelangt, das Peter Simons Altmanns Prosa in seiner schwebenden Eleganz mir bereitet. Mit der gekonnten Komposition aus Sinnlichkeit und Philosophie stellt er sich in eine Reihe mit Henry Miller, Milan Kundera oder Philipp Roth, natürlich in seinem ganz eigenen Sprachton und aus dem besonderen Blickwinkel seiner sympathischen Einzelgänger. Wenn man über literarische Verwandtschaften nachsinnt, fällt einem bei diesem Roman sehr schnell der große Autor der „Niemandsbucht“ ein. Bezüge zu Peter Handke sind allerdings in „der Zeichenfänger“ offensichtlicher.

Ja, ohne „das Andere“ lässt sich unser menschliches Dasein schwer ertragen. Offenbar ist dieses Bestreben, sich selbst zu überschreiten, in uns existenziell angelegt. Zuletzt flaniert Jakob Waltz an der Salzach entlang und hält sein Gesicht in die Augustsonne, vom angenehmen kühlen Wind umspielt. Sehr gerne habe ich mich mit diesem wohl bisher besten Werk des Autors -nicht zuletzt wegen des eleganten Sprachstils- auf einen Spaziergang mitnehmen lassen.

Dorfzeitung.com

Die Dorfzeitung abonnieren

Die Dorfzeitung braucht eine Community, die sie unterstützt. Freunde helfen durch ein Abo (=Mitgliedschaft). Auf diese Weise ist es möglich, unabhängig zu bleiben. Herzlichen Dank für Deine/ Ihre Mithilfe!

INSERT_STEADY_CHECKOUT_HERE

Diesen Artikel empfehlen. Teilen mit:

Visits: 1

Dorfladen

Kommentar hinterlassen zu "Peter Simon Altmann: Das Andere"

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*