„Lamm Gottes“ – eine Gottsuche mit Hindernissen

Die Uraufführung von Michael Köhlmeiers Mysterienspiel, einer Koproduktion zwischen dem Schauspielhaus Salzburg und dem Theater KOSMOS, fand im November 2019 in Bregenz statt. Die für April 2020 geplante Salzburg-Premiere fiel Corona zum Opfer und wurde nun am 19. Mai 2021, dem ersten Tag der sehnlichst erwarteten Theater-Öffnung, nachgeholt. Das Publikum durfte nun endlich wieder live einen theatralen Abend der Extraklasse genießen und bedankte sich mit viel Applaus.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

„Des Nachts erscheinen die Dämonen…“, singt mit rauer, krächzender Stimme der Tod und schwingt seine Sense. Das passt so gar nicht zum Hochzeitsmahl, das gerade vorbereitet wird. Doch als das Fest vorbei ist, stellt er sich der Braut so vor: „Ich bin der, der dir sehr weh tun wird.“ Er sei nämlich gekommen, um ihren geliebten Albert noch in der Hochzeitsnacht mitzunehmen. Martha ist damit gar nicht einverstanden und sie beschließt, Gott aufzusuchen. Der verschanzt sich jedoch hinter hundert Vorzimmern, in denen hundert strenge Engel sitzen. Euphorisch macht sich Martha auf den Weg, doch beim 50. Engel überfällt sie Ehrgeiz und Stolz und als Strafe muss sie wieder zurück zum Anfang. Völlig verzweifelt ruft sie nun nach dem Teufel und bietet ihm ihre Seele an. Doch die will er nicht, sie ist ihm einfach zu süß. Da er perfide Ungerechtigkeiten liebt, verlangt er Alberts Seele. Nachdem er noch ein paar Extras dazugelegt hat, wie etwa die Garantie, dass Albert nie ein Lump und Säufer werden wird, willigt Martha in den verhängnisvollen Pakt ein.

Den zweiten Erzählstrang bilden zwei streunende Katzen, die über Wolken, Bäume, Leben und Tod philosophieren. Das Triptychon vervollständigt die makabre Idee des gesellschaftskritischen anglo-irischen Satirikers Jonathan Swift (1667-1745), man sollte die Kinder armer Leute zum Wohle des Staates nutzen und nach dem Motto „Fressen und gefressen werden“ mästen.

Hubert Dragaschnig, Gründer und künstlerischer Leiter des Theater KOSMOS in Bregenz, half bei der Entwicklung des Stückes oft mit. Nun hält er als Prediger und Moderator die Fäden dieses ursprünglich als klassisches Triptychon geplanten Stückes fest in der Hand. Er übernimmt auch die Rolle des Teufel sowie des etwas unnahbaren Gottes und weiß stets, was der abwesende Albert so denkt. Die Ausstatterin Ragna Heiny hat in der Mitte der Bühne eine wunderschöne Kanzel aufgebaut. Rechts und links führen goldene Treppen zu einer Plattform. Hier läuft die arme Martha (stark Stella Roberts) auf ihrer Suche nach Gott im Eiltempo auf und ab. Christiane Warnecke überzeugt als süße, etwas naive Schmusekatze, während Jakob Kücher ihr als schlauer Kater die Welt erklärt. Haymon M. Buttinger verkörpert in eine Kutte gehüllt perfekt den Tod. Seine düsteren Lieder gehen unter die Haut.

Regisseur Augustin Jagg kann mit seinem Team voll überzeugen. Der Autor meinte bei der Premiere des Stückes in Bregenz anerkennend, es sei mehr herausgekommen, als er hineingeschrieben habe. Nach der langen Durststrecke war „Lamm Gottes“ ein wahrer Genuss, ein wirklich großer Theaterabend, tolle Schauspieler, ein beeindruckendes Bühnenbild sowie ein anspruchsvoller, poetischer, aber auch sehr humorvoller Text.

„Lamm Gottes“ von Michael Köhlmeier. Eine Koproduktion des Schauspielhauses Salzburg und des Theater KOSMOS in Bregenz. Regie: Augustin Jagg. Ausstattung: Ragna Heiny. Musik: Herwig Hammerl. Mit: Hubert Dragaschnig, Stella Roberts, Christiane Warnecke, Jakob Kücher, Haymon M. Buttinger. Fotos: Schauspielhaus/ Gerhard Kresser

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