Schnur – Von der geraden Linie zur Richtlinie

Taue auf der Rickmer Rickmers in Hamburg

Taue auf der Rickmer Rickmers in Hamburg | Foto: Karl Traintinger, Dorfbild.at

Das Wort Schnur wurde in vergangenen Zeiten nicht nur als Bezeichnung für Bänder oder Seile verwendet, sondern auch in Redewendungen, die auf den Gebrauch der Schnüre im Handwerk zurückgehen.

Michaela Essler

Von Michaela Essler

Das Wort Schnur ist seit dem 11. Jahrhundert belegt und hatte im Mittelhochdeutschen die Bedeutung „Schnur, Band, Seil“. Mittelhochdeutsch snuor bezeichnete die Bänder zum Umhängen der Schilde, die Schnüre auf Kleidungsstücken und Hüten, Haarbänder, Bogensehnen, Saiten von Musikinstrumenten, Zeltseile, Seile der Seiltänzer und die Fäden, an denen Marionetten hängen.

Schnüre waren aber auch für Handwerker und Landvermesser ein wichtiges Werkzeug. Zimmermänner und Maurer nutzten gefärbte straff gespannte Schnüre, um gerade Linien zur Bearbeitung des Baumaterials zu ziehen. Dieser Vorgang wurde mittelhochdeutsch snuorslac „Schnurschlag“ genannt. Der mittelhochdeutsche Ausdruck nâch der snuor houwen „nach der Schnur hauen“ bedeutete „genau nach der mit der gefärbten Schnur festgelegten Linie arbeiten“. Wenn dies nicht gelang, wurde dies mit der Redewendung den snuorslac überhouwen „den Schnurschlag überhauen“ bezeichnet.

Im Zeitverlauf gelangten die Ausdrücke über die Schnur hauen oder über die Schnur schlagen in den allgemeinen Sprachgebrauch und erhielten dort die Bedeutung „das rechte Maß verlieren, seine Befugnisse übertreten“. Dazu wurde auch eine Variante über die Schnur trinken gebildet, die übermäßiges Trinken und Essen bezeichnet.

Schnüre kamen auch bei Landvermessungen und Grenzziehungen zum Einsatz. Die so festgelegten Grenzen wurden durch Grenzsteine markiert, die auch Schnursteine genannt wurden. Das Wort Schnurordnung bezeichnete Regelwerke für Landvermessungen. Und im Frühneuhochdeutschen findet sich der Ausdruck Bergschnur für eine Schnur zur Ausmessung von Weinbergberechtigungen.

Aufgrund der Vermessungen, die mit Schnüren vorgenommen wurden, erhielt das Wort Schnur die übertragene Bedeutung „gerade Linie, gerade Richtung“ und wurde auch ein Symbol für Ordnung. Daher auch die Ausdrücke nach der Schnur leben/handeln

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