Der aus Litauen stammende Künstler Arturas Valudkis beweist an diesem Abend seine Vorliebe für die Magie des absurden Theaters und bietet gemeinsam mit den renommierten Schauspielern Martin Bermoser und Nicola Schlößler im Toihaus Theater einen grotesk-komischen Abend, der die Sinnfreiheit der Welt darstellt.

Martin Bermoser und Nicola Schößler betreten schwungvoll die leere Bühne und nehmen auf zwei schwarzen Stühlen Platz. Sie stellen sich ganz brav vor und erzählen abwechselnd, was sie heute Früh alles gemacht haben. Plötzlich versagt ihnen die Stimme und sie müssen wieder von vorne beginnen. Da Wiederholungen ein Merkmal des absurden Theaters sind, versuchen sie es so lange, bis gar nichts mehr geht. Da bemerkt Martin, dass er nun ein Papagei ist, sogar ein sprechender. Er ist uralt, hat schon viel erlebt und gibt zu, dass er „ein Trottel, ein völliger Idiot“ ist. Da er immer die Wahrheit sagt, macht er sich nicht gerade beliebt. So verpetzt er eine untreue Ehefrau, wird verkauft und erzählt diesmal einem Vater, was sein Sohn so alles treibt. Kein Wunder, dass er schließlich im Zoo landet, doch auch hier kann und will er nicht schweigen.
Es folgen kurze Szenen, in denen zwei orientierungslose Menschen ständig aneinander vorbeireden, sowie Nicolas grandioser „Tanz eines Pusteblumendaseins“. Nicola Schößler und Martin Bermoser sind zwei sehr ausdrucksstarke Schauspieler und das kommt besonders in einer Liebesszene zum Ausdruck, die natürlich völlig danebengeht. Während sie ihn schmachtend anhimmelt, vergleicht er sie mit einem Gemälde von Picasso. Dass sie Symmetrie, Harmonie und die Ehe liebt, treibt ihn schließlich in die Flucht.
Faszinierend auch die Geschichte rund um eine weiß-blaue Küchenuhr. Sie ist alles, was übrig geblieben ist. Haus weg, Familie weg, scheint alles nicht so schlimm zu sein, da ja doch die Uhr noch da ist und die fasziniert ihn, ist sie doch um halb drei Uhr stehen geblieben. Genau um diese Uhrzeit kam er jede Nacht nach Hause und wurde von seiner Mutter mit den Worten „So spät wieder!“ empfangen. Die Erinnerung daran macht ihn überglücklich, auch wenn jetzt alles futsch ist.
Absurde Stücke wollen oft Anstoß zu moralischen und politischen Denkansätzen geben und das gelingt Arturas Valdskis großartig mit der Szene um den ersten Schritt. „Wer soll ihn machen? Einer muss ihn machen, sonst bleiben wir ja stehen.“ Ich habe vor diesem Theaterabend die 10 Merkmale des absurden Theaters genau studiert (https://www.pohlw.de/literatur/theater/absurd/) und es hat mir sehr geholfen, diesen Abend besser zu verstehen und daher auch zu genießen.
„Der Tiger geht über den Teppich“ – Regie/Konzept/Ausstattung: Arturas Valudskis. Licht/ Technik: Alexander Breitner, Robert Schmidjell. Schauspiel: Martin Bermoser, Nicola Schößler. Toihaus Theater. Fotos: Toihaus/ Nicola Lieser, Fabian Schober, Arturas Valduskis

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