„Lili, the Danish Girl“ – Die Suche nach dem wahren Ich

danish girl

Diesen Ballettabend widmet der Ballettchef am Salzburger Landestheater, Reginaldo Oliveira, dem Leben von Lili Elbe, die 1882 als Einar Wegener in Dänemark geboren wurde. Die mühevolle und schmerzhafte Suche nach ihrer wahren Identität wird in ausdrucksstarken, klaren Bildern vermittelt. Die Uraufführung am 12. März 2022 begeisterte das Premierenpublikum und wurde mit Standing Ovations gefeiert.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Das Bühnenbild (Sebastian Hannak) erinnert an einen Eispalast mit silbrig-blauen Wänden und spiegelt die Kälte wider, der Lili während ihrer Identitätssuche ausgesetzt ist. Anfangs ist Einar aber noch eindeutig ein Mann. Nach einer unbeschwerten Kindheit lebt der Landschaftsmaler in Harmonie mit seiner Frau Gerda, ebenfalls Malerin, zusammen. Als er jedoch beginnt, ihr als Frau Modell zu sitzen, erwachen in ihm ungekannte Gefühle und er hat immer mehr Spaß daran, sich in Lili zu verwandeln. Die beiden beginnen sich als „Freundinnen“ in Nachtclubs zu amüsieren. Aber wenn Einars wahre Identität erkannt wird, lachen ihn die Damen aus und von den Männern wird er verachtet, gedemütigt und sogar tätlich angegriffen. Völlig verzweifelt und verwirrt sucht er Hilfe bei Ärzten, die jedoch ratlos sind. Auch die Segnungen der Kirche fruchten nicht. Als er den Druck, den er von allen Seiten spürt, nicht mehr erträgt, beschließt er, sein Leben zu beenden. Er wird jedoch in letzter Sekunde von seiner Frau und deren Freundin Hélène gerettet und wagt einen letzten Versuch bei dem deutschen Gynäkologen Dr. Warnekros. Dieser erkennt die Ursache von Einars Leidensweg und wagt die Operation. Aus Einar wird Lili und diese feiert in einem kessen blauen Kleidchen mit einem grandiosen Solo ihre gelungene Umwandlung.

Unter einer zitternden, erdfarbenen Skulptur verbirgt sich ein menschliches Wesen. Ein starker Beginn, lautstark untermalt von Poulencs Konzert für Orgel, Streicher und Pauke. In der Rolle von Einar/Lili besticht Klevis Neza nicht nur mit bravourösen Tanzeinlagen, sondern auch mit enormem schauspielerischen Talent, seine Verletzlichkeit und spätere Verzweiflung ist fast greifbar. Rührend der Moment, wenn er zum ersten Mal seine weibliche Seite spürt. Als Pionier der Transgender-Bewegung hatte er es vor mehr als 100 Jahren wirklich nicht leicht. Zum Glück steht ihm seine Frau Gerda (Larissa Mota) stets zur Seite, ihr gemeinsamer Tanz der Verzweiflung erntet kräftigen Szenenapplaus. Niccolò Masini und Paulo Muniz machen Lilis Persönlichkeitsabspaltung, Verwirrung und seelischen Kampf immer wieder deutlich. Dass Reginaldo Oliveira das Spiel mit Stühlen liebt, ist nicht zu übersehen. Diesmal haben die silbernen Stühle sogar Rollen und gemeinsam mit den gekippten OP-Tischen bieten sie ungeahnte Möglichkeiten. Neben gewaltiger Orgelmusik ertönt an diesem Abend auch ein Klavierkonzert von Dimitri Schostakowitsch und Sphärenmusik von Rued Langgarárd.

Nach den Handlungsballetten „Romeo und Julia“ und „Anna Karenina“ gelingt Reginaldo Oliveira wiederum ein bestechend schöner Ballettabend, an dem sich das gesamte Ensemble diesmal mit würdevollem Ernst zum Applaus aufstellt. Da sich der Abend an Lilis 1932 kurz nach ihrem Tode erschienen Lebensbericht „Lili Elbe – Ein Mensch wechselt sein Geschlecht“ orientiert, soll sie hier auch noch selbst zu Wort kommen:

„Wie ein Brückenbauer komme ich mir vor. Doch es ist eine seltsame Brücke, die ich baue. Auf dem einen Ufer stehe ich, das ist der heutige Tag. Dort habe ich die ersten Pfeiler errichtet. Und ich muss die Brücke freischwebend nach dem anderen Ufer hinüber bauen, das ich oft gar nicht und mitunter nur nebelhaft und dann und wann im Traum klar sehen kann.“

Lili Elbe

„Lili, the Danish Girl“ – Uraufführung. Salzburger Landestheater. Szenische Konzeption und Choreographie: Reginaldo Oliveira. Bühne: Sebastian Hannak. Kostüme: Judith Adam. Dramaturgie: Maren Zimmermann. Mit: Klevis Neza / Flavio Salamanka, Niccolò Masini, Paulo Muniz, Larissa Mota, Harriet Mills, Valbona Bushkola, Dafne Barbosa, Lucas Leonardo, Iure de Castro, Sveva Gaudenzi, Moeka Katsuki, Diego da Cunha, Cassiano Rodrigues, Chigusa Fujiyoshi. Video: SLT, Fotos: SLT/ Fotocredit: Anna-Maria Löffelberger

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