Wir sind alle nur Menschen! Besonders heute!
Das Salzburger Landestheater ist für zwei Monate ins Theaterzelt am Messegelände übersiedelt und feierte dort am 7. Mai 2022 mit Ödön von Horváths sozialkritischem Volksstück „Kasimir und Karoline“ Premiere. Trotz regnerischem Wetter genoss das Publikum die Münchner Oktoberfest-Atmosphäre, diesmal wieder mit einem dem Ambiente angepassten kulinarischen Angebot.

Ödön von Horváths 1932 uraufgeführtes Volksstück spielt zur Zeit der Weltwirtschaftskrise. Karoline besucht mit ihrem Verlobten das Oktoberfest in München. Kasimir ist jedoch nicht nach feiern zumute, wurde er doch erst am Vortag entlassen. Es kommt zum Streit und so zieht Karoline alleine weiter. Am Eisstand lernt sie den Zuschneider Egon Schürzinger kennen und überredet ihn zu einer Achterbahnfahrt. Unterdessen trifft Kasimir seinen früheren Kollegen Franz Merkl, einen mehrfach vorbestraften Kleinganoven, und dessen Frau Erna.
An diesem Abend begegnen sich Kasimir und Karoline immer wieder. Ihre Gespräche enden aber stets im Streit, denn auch zwei ältere, gut betuchte Herren haben ein Auge auf die hübsche Karoline geworfen. Nur allzu gerne lässt sie sich von Kommerzienrat Rauch und seinem Freund, dem Landesgerichtsdirektor Speer, ins Hippodrom und ins Abnormalitäten-Kabinett einladen. Da rechnet sich der arbeitslose Kasimir bei seiner Verlobten keine Chancen mehr aus: „Die Liebe höret nimmer auf, solang du nämlich nicht arbeitslos wirst.“
Die Bühne wird vom „Wheel of Steel“ beherrscht, einer acht Meter hohe Metallkonstruktion, die als „Hau den Lukas“, Achterbahn, Schiffsschaukel und Hippodrom eingesetzt wird, aber auch als Metapher für das ständige Auf und Ab im Leben gesehen werden kann. Das Ensemble begann schon drei Monate vor den szenischen Proben mit dem Training an dem riesigen Rad und verblüfft nun mit wirklich beeindruckenden Leistungen.
Der Oktoberfest-Besuch von Kasimir (Maximilian Paier) und Karoline (Sarah Zaharanski) steht von Anfang an unter keinem guten Stern. Allein schon ihre Begeisterung für einen Zeppelin, der nach Oberammergau fliegt, regt ihn auf. Wenn man arbeitslos ist, kommt halt keine gute Stimmung auf. Der Schneider Schürzinger (Aaron Röll) ist aber auch keine Stimmungskanone. Als sein Chef Rauch (Axel Meinhardt) mit seinem Freund Speer (Christoph Wieschke) auftaucht, zieht er sich sofort zurück. Mit der „höheren gesellschaftlichen Stufe“ kann er nicht konkurrieren. Georg Clementi wütet in der Rolle des frauenfeindlichen Oberstrizzis Merkl Franz, dessen Frau Erna (Lisa Fertner) wirklich nicht zu beneiden ist. „Alle Weiber sind minderwertige Subjekte.“
Während Karoline mit Rauch nach Altötting fährt, zieht Speer mit zwei feschen Wiesenbräuten von dannen. Der Abend endet, wie auf dem Oktoberfest üblich, mit einer ordentlichen Rauferei und einer Verhaftung. Happy End gibt es natürlich keines, es war ja auch nur eine „Ballade vom arbeitslosen Chauffeur Kasimir und seiner Braut (…), eine Ballade voll stiller Trauer gemildert durch Humor, das heißt durch die alltägliche Erkenntnis: Sterben müssen wir alle!“ (Ödön von Horváth)
Carl Philip von Maldeghem hat Ödön von Horváths Volksstück perfekt dem Zirkus-Milieu angepasst und mit Statisten ein Abnormalitäten-Kabinett geschaffen, welches das Publikum bereits im Foyer-Zelt in die richtige Stimmung versetzt. Ein rundum gelungener Zirkus-Theaterabend. Man darf auf die kommenden Inszenierungen von „Cabaret“, „Carmen“ und „Peter Pan“ gespannt sein. Da sollte eigentlich für jeden etwas Passendes dabei sein.
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