„Der Abend nach dem Begräbnis der besten Freundin“ Odeїon Salzburg

Foto: Odeion/ Kosmos

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Elisabeth Pichler. Frank Sinatras „My Way“ wurde zur Beerdigung von Lilli gespielt. Was hatte das zu bedeuten? War es ein Vorwurf, war es ironisch gemeint oder der Wunsch der Verstorbenen? Ihre beste Freundin ist auf dem Heimweg, sie ist wütend und verzweifelt zugleich. War es richtig, dem Leichenschmaus fernzubleiben? Wäre es nicht besser gewesen, das Leben nach diesem erzkatholischen Begräbnis mit einem Schweinsbraten zu beginnen?

Zu Hause angekommen beginnt sie, ihre Freundschaft mit Lilli zu hinterfragen. Sie war der Freundin Privatsekretärin, Stellvertreterreisende, Privatdetektivin, Zofe, Stil-Beraterin, Sterbebegleiterin gewesen. Die Verstorbene war eine erfolgreiche Geschäftsfrau, die Mann, Kinder und eine eigene Firma managte und sich, da der Mann „nichts mehr von ihr will“, in Abenteuer flüchtete. Als beste Freundin verwaltete sie die ständig wechselnden Lover und half mit vorgeschobenen Kulturausflügen, nach außen hin die Fassade zu wahren. Doch auch Selbstvorwürfe fehlen nicht. Was hatte sie alles falsch gemacht oder unterlassen? Wo sie doch zuletzt, zuallerletzt nicht da gewesen war. Hätte sie ihr nicht vom Rauchen und Trinken abraten sollen? War es wirklich klug gewesen, ihre Affären noch zu fördern? In ihre Trauer mischen sich auch Selbstmitleid und Wut, denn sie wollten doch gemeinsam alt werden: „Wir wollten diese weichen Altfrauenpatscherln anhaben und mit dem Stock die Zivildiener im Altersheim herumschicken. Und dann keine Diäten machen. Nicht mehr über die Figur reden müssen. Und von den Verkäuferinnen in den Innenstadtboutiquen diesen Blick bekommen. Größe 42. Nein. In dieser Größe führen wir dieses Modell nicht mehr.“

Auf einer riesigen Leinwand dürfen wir vor Beginn des Stückes eine Fahrt durch Wiens Außenbezirke machen, durch trostlose, graue und mit matschigem Schnee bedeckte Straßen. Doch auch die sterile, weiße Wohnung mit dem riesigen Sofa und dem Eisschrank als Symbol für die Zeit zwischen Sterbebett und Sarg wirkt nicht gerade heimelig (Ausstattung: Peter Büchele). Alexandra Tichy meistert diesen hochkonzentrierten Monolog, dieses Protokoll des Gedenkens souverän und sehr eindringlich. Sie nimmt uns mit auf ihre Trauerreise, sie lässt uns teilhaben an ihrem Schmerz, ihrer Verzweiflung, ihrer Wut und ihrem Selbstmitleid. Der Text von Marlene Streeruwitz beschreibt mit scharfem Blick und dichter Sprache Gedanken und Gefühle rund um das Thema „Tod“. Unweigerlich wird man gezwungen, seine eigene Einstellung zu hinterfragen. Ein aufwühlendes Stück, das niemanden kalt lässt und zum Nachdenken anregt.

Im Rahmen des Themenschwerpunktes Marlene Streeruwitz gibt es am 8.11. ein Abend mit der Autorin unter dem Titel „Das wird mir alles nicht passieren…Wie bleibe ich FeministIn“. Ein weiteres Stück der Autorin, „Jessica, 30“, wird am 25.11. Premiere feiern. Alle Vorstellungen finden im Odeїon Kulturforum Salzburg statt.

„Der Abend nach dem Begräbnis der besten Freundin“ von  Marlene Streeruwitz / eine Produktion des Theather KOSMOS /mit Alexandra Tichy / Regie: Augustin Jagg / Ausstattung: Peter Büchele / Licht: Markus Holdermann / Musik: Andreas Schreiber.

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