Gedanken zur Integration

Bunt gemischt

Bunt gemischt | Foto: Karl Traintinger| Dorfbild.at

Wenn ich meinen Brasilianern hier in Bahia sage, daß wir Österreicher ein Völkermischmasch sind, schauen sie mich verwundert an. Vielleicht suchen ihre neugierigen Augen sogar ein paar Quadratzentimeter schwarzer Haut auf meinem Körper.

Von Reinhard Lackinger

Wie weit spielt jenes “anders Aussehen” bei der Integrationsfrage eine Rolle?

Oft bin ich versucht zu denken, die heutigen Einwanderer und Migranten aus armen Ländern sehen uns gar nicht so unähnlich. Dann nehme ich das Album mit den Fotos aus den Nachkriegsjahren aus dem Bücherschrank und schaue nach. Dabei stelle fest, daß die Menschen, die gestern aus Rumänien und aus Belutschistan zu uns gekommen sind, genau so aussehen wie wir damals und in den späten 40er und frühen 50er Jahren.

Hat das nur mit der Diät in jenen “Schlechten Zeiten” zu tun, oder auch mit der Haltung der Menschen, mit unseren Händen, die damals fortwährend nach Arbeit suchten?

Vielleicht sieht unser einer heutzutage keinem Migranten ähnlich, weil wir alle den Mund voller Zähne haben, gut genährt und sogar ein bisserl übergewichtig sind … und anstatt mit allerlei Objekten beladene Karren schiebend, mit dem “Bike” unterwegs sind … auf tadellos gebauten Radwegen, die durch die ganze Alpenlandschaft führen.

Wo sind die Volksdeutschen mit ihren breiten Hals – und Kopftüchern und schwarzen Klamotten? Längst mit den Ureinwohnern vermischt, wie Tonikwasser mit dem Gin in Griffweite. Nur die Viertelstunde Scheinwerferlicht für den neuen Bürgermeister von Piran / Slowenien wird wahrscheinlich etwas länger als 15 Minuten dauern.

Als seit 1969 in Brasilien lebender Immigrant, der weiterhin portugiesisch mit österreichischem Akzent spricht, denke ich, daß das Problem der Integration nicht unbedingt am Aussehen oder an der Aussprache der Einwanderer liegt, sondern eher an der Haltung zum Leben der Menschen im Gastland, also an den Einheimischen. Dabei defilieren vor den Augen meiner Erinnerungen Vater, Mutter und Nachbarn inmitten Garten, Acker und Geflügelstall, unentwegt besorgt, etwas mehr auf den Küchentisch zu zaubern, als das Lohnsäckel imstande war.
Wahrlich, wahrlich, zwischen dem Österreicher meiner Kindheit und einem von Mutter Staat verhätscheltem Österreicher von heute scheint ein größerer Unterschied zu sein, ein tieferer Abgrund zu gähnen, als zwischen Migranten aus dem Osten und den aktuellen “Össis”.

Die Flüchtlinge der 40er Jahre aus der Batschka, aus dem Banat, aus der Bukowina hatten es auch nicht leicht. Auch sie erlebten starken Widerstand der Einheimischen. Heute scheint die Schwierigkeit der Integration an den Migranten zu liegen, die mit offenen und bestürzten Augen unser verwöhntes und extrem bemuttertes Volk beobachten. Suppe und Brot akzepteiren sie, aber zu “knieawachn Bochwotlan” wollen sie sich anscheinend nicht bekehren lassen!

Perdão! “Nix” für ungut”

Salvador, Bahia, Brasilien, genau 55 Jahre nachdem der letzte Besatzungssoldat österreichischen Boden verließ.

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Dorfladen

2 Kommentare zu "Gedanken zur Integration"

  1. Beim Beitrag von Herrn Lackinger bekomme ich das gleiche Gefühl, wie ich es bei Unterhaltungen mit einer philippinischen Krankenschwester und guten Bekannten häufig hatte. Diese Unterhaltungen vermittelten mir immer das Gefühl, dass ich rein verbal zwar verstanden werde, die hinter dem Gesagten steckenden Gedanken aber irgendwie “anders” und nicht in dem Sinn, wie ich es meinte, angekommen waren.
    Die Integration in einen anderen Kulturkreis ist bei Herrn Lackinger offenbar so vollständig erfolgt, dass er sich mit seinen Aussagen bei uns nicht mehr wirklich verständlich machen kann und außerdem ein auf Österreich bezogen verzerrtes und gestriges Weltbild hat. Denn nur aus räumlicher und zeitlicher Entfernung kann man zu diesen etwas eigenartigen Ansichten von den Verhältnissen in Österreich kommen.

  2. Reinhard Lackinger | 7. November 2010 um 13:54 |

    Als ich vor 40 Jahren und nach meinem Einsatz als Entwicklungshelfer nach Salvador, Bahia, Brasilien kam, um mich – ohne Nabelschnur zur alten Heimat – auf meinen eigenen Beinen weiterzubewegen, hatte ich keine Antikörper, keine Abwehr gegen hiesige Spitzbuben.
    Für schräge Typen war ich ein leichtes Opfer.
    Als ehrlicher, braver und vor allem leichtgläubiger Österreicher fehlte mir Argwohn, um mich zu verteidigen.
    Gott sei Dank habe ich einen cleveren Schutzengel, der mich bis heute mit dem einen oder anderen blauen Auge davonkomen ließ.

    Ich denke, je ärmer die Gesellschaft, je weniger die Menschen sich auf einen Vater Staat verlassen können, je geringer die soziale Gewißheit, umso gerissener sind sie.

    So defilieren vor den Augen meiner Kindheitserinnerungen die Volksdeutschen. So sehe ich auch die
    die Migranten heute in Österreich.

    Die braven Österreicher müssen jetzt lernen, sich selbst und ihr Hab und Gut vor Spitzbuben aus Rumänien und Belutschistan zu schützen.

    In der Geschichte haben wir ähnliche Beispiele.
    Als die Europäer Ende des 19. Jahrhunderts Schwarzafrika unterjochten, trafen sie auf leichtgläubige Menschen, wie auch die Spanier und Portugiesen in Lateinamerika im 16 Jahrhundert.

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