Oh Gott, warum gerade ich!

Oh Gott, warum gerade ich

Rom ist immer eine Reise wert

Die Stimmung im Kleinen Theater war am 2. September 2022 schon vor Vorstellungsbeginn bestens, denn das Publikum schwelgte in Vorfreude auf einen vergnüglichen Theaterabend. Am Programm stand eine „Himmlische Komödie“ von Friedrich Ch. Zauner, die seit ihrer Premiere im Rahmen des Wolfgangseer Sommertheaters 2021 im Pacher-Haus in St. Wolfgang stets für gute Laune sorgt.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Leonhard Plitz verbringt mit seiner Gattin Maria den Urlaub in der ewigen Stadt Rom und plant hier ein Treffen mit seinem Chef, Signore Tedeschi. Als erfolgreicher Vertreter von Haarwuchsmitteln hofft er, von diesem zum Bereichsleiter für Mitteleuropa und Liechtenstein ernannt zu werden. Bei einem Stadtrundgang sucht Leonhard diverse Kirchen auf, nicht um zu beten, sondern nur um sich etwas Abkühlung zu verschaffen. Da passiert das Unfassbare: Ein leuchtender Heiligenschein ziert plötzlich sein Haupt. Als Nonnen sich vor ihm auf die Knie werfen, hilft nur noch die Flucht. Ein geraubter Hut verdeckt fürs Erste seine Schande, doch vor seiner Frau kann er diese „Erleuchtung“ nicht lange verbergen. Obwohl er nicht gläubig ist, wendet er sich an Gott und fleht ihn an, diese Auszeichnung, die doch eigentlich nur verdienten Mitarbeitern zustehe, wieder verschwinden zu lassen. Schließlich wendet er sich an einen Pater und der hat wirklich eine glänzende Idee. Um den Heiligenschein loszuwerden, helfe wohl nur eine „richtige“ Sünde. Mit Hilfe seiner taffen Frau wird also ein Callgirl, die süße Lollo, engagiert. Aber wird der feige Leonhard wirklich zufriedenstellend sündigen können?

Jurij Diez ist ein toller Schauspieler, der schon in vielen ernsten Rollen beeindruckt hat. In bester Erinnerung ist mir noch sein Monolog in Peter Handkes „Untertagblues“ 2014 in der ARGEkultur. Er beweist aber immer wieder, dass er auch ein großartiger Komödiant ist, und so geht er in der Rolle des schüchternen und grundehrlichen Leonhard Plitz voll auf. Judith Brandstätter steht ihm als temperamentvolle Ehegattin Maria hilfreich zur Seite. Seinen Chef, Signore Tedeschi, (großartig Jurek Milewski als schleimiger Italiener) wickelt sie gekonnt um den Finger. Beata Milewska überzeugt als neugieriges Stubenmädchen und glänzt dann als verführerisches Callgirl. Echt sexy!

Gerard Es hat die Komödie temporeich in Szene gesetzt und mit Slapstick-Einlagen aufgepeppt. Adriano Celentano sorgt mit seinen Ohrwürmern für italienisches Flair, wobei das gut gelaunte Publikum sogar mitsingt. Völlig zu Recht stellt Familie Plitz schließlich fest: „Rom ist eben immer eine Reise wert.“

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir der Autor nichts gesagt hat, darum will ich ihn hier kurz vorstellen: Friedrich Ch. Zauner (* 19. September 1936 in Rainbach im Innkreis) gilt als einer der bedeutendsten österreichischen Autoren der Gegenwart. In seiner großen Romantetralogie „Das Ende der Ewigkeit“ behandelt er aus der Perspektive eines kleinen Innviertler Dorfes den großen gesellschaftlichen Umbruch, der in der Mitte des vorigen Jahrhunderts eine Zeitenwende eingeleitet hat. In der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“ wird der Roman als eines der wichtigsten Werke der Gegenwartsliteratur bezeichnet.

„Oh Gott, warum gerade ich!“ Himmlische Komödie von Friedrich Ch. Zauner. Regie: Gerard Es. Bühne: Alois Ellmauer. Kostüme: Lisa Tureczek. Mit: Beata Milewska, Jurij Diez, Judith Brandstätter & Jurek Milewski. Fotos: Kleines Theater / Christian Strelli

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