Effi Briest

Effi Briest

Theaterfassung eines Jahrhundertwerks

Theodor Fontanes (1819-1898) Klassiker gilt als Höhe- und Wendepunkt des poetischen Realismus. Anlässlich des 200. Geburtstag des Dramatikers wurde von Falco Blome eine radikale Strichfassung erstellt, die im Herbst 2019 im Altstadttheater Ingolstadt umjubelte Premiere feierte. Die Salzburg-Premiere dieser Kooperation mit dem Salzburger Landestheater fand in einer überarbeiteten Fassung am 11. Oktober 2022 im OVAL – Die Bühne im EUROPARK statt und wird ab 18. November in die Kammerspiele übersiedeln. Viel Applaus für Lisa Fertner, die in dem Monolog als Effi Briest brilliert.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Die temperamentvolle 17-jährige Effi Briest sitzt auf einer Schaukel und erzählt übermütig, wie sie sich das Leben so vorstellt, vielleicht als Kunstreiterin, denn sie liebt Bewegung und Abenteuer. Was sie aber gar nicht ausstehen kann ist Langeweile. Sie hat auch schon genaue Vorstellungen von ihrem Zukünftigen. Er sollte wie sie selbst von Adel sein, eine „Stellung“ haben und gut aussehen.

„Mama erwartet Besuch, einen alten Freund aus ihren Mädchentagen her, eine Liebesgeschichte mit Held und Heldin und zuletzt mit Entsagung. Übrigens habe ich Mamas alten Freund schon gesehen; er ist Landrat, gute Figur und sehr männlich. Landrat. Und er heißt Geert von Innstetten, Baron von Innstetten. Er ist geradeso alt wie Mama, auf den Tag.“

Noch am selben Abend ist Effi mit dem Baron verlobt. Stolz meint die Mutter: „Du bist mit 20 schon dort, wo andere mit 40 stehen.“ Ihrer Ehe sieht sie mit kindlicher Naivität entgegen. Sie erhofft sich ein Leben im Luxus mit viel Gesellschaft. In Hinterpommern ist aber nicht viel los und ihr Gatte ist beruflich viel unterwegs. Er ist zwar lieb und gut und nachsichtig, doch fürchtet sie ihn auch ein bisschen, denn er kann „kalt wie ein Schneemann“ sein. Als ihr Major von Crampas, ein berüchtigter „Damenmann“, den Hof macht, wird sie schwach und beginnt aus Langweile und Leichtsinn eine Affäre. Reue und Scham setzen ihr zu und so ist sie heilfroh, als ihr Mann nach Berlin versetzt wird. Sechs Jahre später holt die Vergangenheit sie ein. Die Folgen sind fatal.

Lisa Fertner macht als Effi Briest auf der Bühne eine große Verwandlung durch. Der kichernde, fröhliche Teenager verkümmert in dem düsteren Spukhaus des Barons und bekommt kaum noch Luft. Als sie Major von Crampas kennenlernt, ist sie nicht wiederzuerkennen. Sie räkelt sich verführerisch auf dem großen Flügel, den sie in den vielen einsamen Stunden gerne bespielt. Sehr emotional die Szene, wenn sie ihre Tochter endlich wiedersehen darf. Während sie vor Freude ganz außer sich ist, gibt das Kind, wie eine Marionette, auf alle Fragen dieselbe Antwort: „Oh, gewiss. Wenn ich darf.“

Fontanes Gesellschaftsroman „Effi Briest“, ein Klassiker der deutschen Literatur, ist schon mehrfach verfilmt worden, zuletzt 2009 von Hermine Huntgeburth. Lisa Fertners berührender Monolog, der die gesellschaftlichen Konventionen, Regeln und Zwänge im Preußen des ausgehenden 19. Jahrhunderts offenlegt, geht unter die Haut und garantiert einen beeindruckenden Theaterabend.

„Effi Briest“ von Theodor Fontane. Bühnenfassung von Falco Blome. Inszenierung und Raum: Falco Blome. Kostüme: Lisa Fertner. Mit: Lisa Fertner. Fotos: SLT/ © Christina Baumann-Canaval

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