„Die Präsidentinnen“ – So ist das menschliche Leben!

Die Präsidentinnen

Das theater.direkt ist mit Werner Schwabs bitterbösem „Fäkaliendrama“ zu Gast im OFF Theater. Regisseur Michael Kolnberger lässt Grete, Erna und Mariedl, drei „Präsidentinnen ihres Unglücks“, im Gemeinschaftsraum eines sozialen Wohnbaus zum gemeinsamen Musizieren zusammenkommen. Hier versuchen sie, ihren ganzen Lebensschmutz zu vergessen. Die Premiere am 8. Jänner 2023 war ein Hochgenuss, nicht nur für Freunde der Kunstsprache „Schwabisch“.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Grete, Erna und Mariedl haben sich mit grellen Perücken und kräftiger Schminke fein herausgeputzt. Doch mit Ablegen der Haarpracht schwindet der Glamour und ihre Armseligkeit kommt zum Vorschein. Noch bevor sie ihre Musikinstrumente auspacken, beginnen sie, über ihr Leben, ihre Kinder, über Sex und verstopfte Aborte zu philosophieren.

Die sparsame, fromme Erna hat Probleme mit ihrem Sohn Hermann, der absolut keinen Verkehr haben will, obwohl das doch heute so leicht wäre. Lieber zerschneidet er sich das Gesicht und besauft sich jeden Tag. Die lustige Grete hat schon zwei Ehen hinter sich. Leider ist ihre Tochter Hannelore nach Australien ausgewandert, weil sie nichts gegen die Übergriffe ihres Vaters unternommen hat. Jetzt ist ihr Hund Lydie ihr Ein und Alles.

Die Jüngste, die fleißige Mariedl, kennt den „Lebensschmutz, in dem das Geschlechtliche das ist, was das Menschliche hinaustreibt aus der Welt“, noch nicht. Sie hat ihre Berufung zum Beruf gemacht. In gottesfürchtiger Nächstenliebe kümmert sie sich um verstopfte Toiletten, ganz ohne Gummihandschuhe und mit der bloßen Hand. Der Dank selbst der feinsten Leute, vor allem aber des Herrn Pfarrers, ist ihr gewiss.

Um ihrem Elend zu entrinnen, steigern sich die Damen in Glücksvisionen hinein. Ein Dorffest bietet dafür wohl die beste Gelegenheit. Hier lernt Grete einen feschen Posaunisten kennen und Erna wird vom tugendhaften Fleischhauer Wottila umworben. Mariedl aber rettet mit ihren Künsten das ganze Fest.

Der listige Herr Pfarrer versteckt sogar – wie ein Osterhase – diverse Gegenstände in den Toiletten, damit ihr die Arbeit nur ja nicht ausgeht. Mariedl ist so euphorisch, dass sie nicht mehr zu bremsen ist. Sie lässt Gretes und Ernas frustrierte Kinder, Hannelore und Hermann, erscheinen und ein Massaker anrichten. Eine solche Gemeinheit können sich die beiden aber nicht gefallen lassen.

Elisabeth Breckner brilliert als stutenbissige Grete, eine vom Leben und der sogenannten Liebe geprügelten Existenz. Kein Wunder, dass sie mit der verhärmten Erna (Bina Blumencron), die von einer Rom-Reise mit ihrem aus Polen stammenden Leberkäs-Wottila träumt, ständig aneinander gerät. Stets geht es dabei um die Frage, wer von den beiden wohl mehr aus seinem Leben gemacht habe. Bianca Farthofer als junge, naive Kloputz-Mariedl schafft es, mit ihren Visionen die Phantasieblasen der alten Damen zum Platzen zu bringen.

Michael Kolnberger hat Werner Schwabs eigenwilliges „Dreimäderlhaus“ mit viel Spielwitz und Situationskomik präzise in Szene gesetzt. Ein absoluter Genuss für Freunde des tiefschwarzen Humors und der grellen Kunstsprache „Schwabisch“.

„Die Präsidentinnen“ von Werner Schwab. Zu Gast im Off Theater. Theater:direkt. Dramaturgie und Inszenierung: Michael Kolnberer. Raum: Arthur Zgubic. Technik: Manfred Eckinger. Produktion: theater.direkt. Mit: Elisabeth Breckner, Bina Blumencron, Bianca Farthofer. Fotos: Theater.direkt/ Piet Six

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