Wir sind alle gleich. Wir sind alle sterblich

Das Reich: Hospital der Geister

Das Reich: Hospital der Geister

Die Bühnenumsetzung der Kult-Serie „Das Reich“ aus den 1990ern wurde bei der Premiere am 20. 01. 2023 mit tosendem Applaus bejubelt. Die Handlung der beiden Staffeln von Lars von Trier und Nils Vørsel wurde durch Jan-Christoph Gockel und Karla Mäder als gut vierstündige Theaterfassung adaptiert, welche einem jegliches Zeitgefühl vergessen lässt.

Von Matthias Traintinger

Das Reich oder eben auch das Kopenhagener Reichskrankenhaus ist auf einem Sumpf erbaut. Früher wurden hier die gebleichten Tücher zum Trocknen aufgehängt, der ganze Dampf ist noch immer hier. Der Grund ist instabil und das Reich zeigt schon erste Ermüdungsrisse. Aber dies hält die Belegschaft nicht auf, in einer Mischung aus Seifenoper und Horror ihren Pflichten nachzugehen. Vor allem wenn diese Pflichten skurrile Ausmaße annehmen, wie die Transplantation einer krebsbefallenen Leber in den hauseigenen Pathologen Prof. Dr. Bondo (Andri Schenardi) um das größte Leberkarzinom der Welt zu züchten. Natürlich dürfen kleine und große Liebeleien nicht fehlen, so kann die Anästhesistin Dr. Rigmor Mortensen (Susanne Konstanze Weber) ihre Liebe für Oberarzt Dr. Stig Helmer (Franz Solar) beinahe nicht mehr Einhalt gebieten.

Doch neben der rationalen Welt der Medizin schlummern in den Tiefen des Krankenhauses auch die Geister. Und so macht sich die landesweit bekannte Simulantin und Spiritistin Sigrid Drusse (Beatrice Frey) auf, um in den Tiefen des Untergrundes und im Bereich zwischendrin nach diesen zu suchen, begleitet von ihrem Sohn Bulder Drusse (Alexej Lochmann) versucht sie die Geheimnisse des Reichs zu lüften.

Das Stück wirft einen mitten hinein ins Geschehen und fesselt mit einem eindrucksvollen Bühnenbild auf und auch neben der Bühne. Durch die gelungene Einbindung eines Live- Streams begeben sich die Charaktere in die Tiefen des Reichskrankenhauses portraitiert durch die Tiefen des Schauspielhauses bis hin zur Theater-Kantine. Diese Mischung aus traditionellen und moderneren technischen Elementen ermöglicht es eine so vielschichtige und komplexe Handlung auf und um die Bühne zu bringen, untermalt von eindrucksvoller und zumal auch schauriger Musik.

Die Grenze zwischen Leben und Tod ist wahrscheinlich selten dünner als in einem Krankenhaus, doch auch die Grenze zwischen bösen Geistern und bösen Lebenden scheint hier eher dünn auszufallen. Und so lädt das Stück zwischen übernatürlichen Erscheinungen und Ärzten mit vertuschten Kunstfehlern doch sehr ein, das Rationale zu überdenken und sich etwas mehr zu öffnen für das Hospital der Geister.

Das Reich: Hospital der Geister | Nach der Fernsehserie von Lars von Trier und Niels Vørsel | Premiere am 20. Jänner 2023, Schauspielhaus Graz Haus 1 | Regie: Jan-Christoph Gockel | Bühne: Julia Kurzweg | Kostüme: Sophie du Vinage | Musik: Matthias Grübel | Puppenbau: Michael Pietsch | Video: Eike Zuleeg | Licht: Thomas Trummer | Dramaturgie: Karla Mäder | Theaterpädagogik: Julia Gratzer | Mit Tanja Hameter, Claudia Wolf-Straubinger, Beatrice Frey, Alexej Lochmann, Oliver Chomik, Andri Schenardi, Michael Pietsch, Franz Solar, Konstanze Weber, Florian Köhler, Lisa Birke Balzer, Raphael Muff, Evamaria Salcher, Rudi Widerhofer, Florian Finsterbusch, Matthias Ohner, Yves Ndagano, Kurt Zalac, Timo Neubauer | Fotos: Schauspielhaus Graz – © Lex Karelly

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