Die unendliche Geschichte

Die unendliche Geschichte

Eine spektakuläre Reise durch Phantásien

Michael Endes 1979 erschienener märchenhafter, phantastischer Bildungsroman gehört heute zu den Klassikern der Kinder- und Jugendliteratur, wird aber auch von Erwachsenen gerne gelesen. Die Erben des Autors haben den renommierten Dramaturgen und Schriftsteller John von Düffel damit beauftragt, beide Teile des Romans für die Bühne zu bearbeiten. Das Salzburger Landestheater präsentiert diese autorisierte Bühnenfassung in der Regie von Carl Philip von Maldeghem als österreichische Erstaufführung. Die Premiere am 4. Februar 2023 war ein Triumph für das gesamte Ensemble und die großartige, funkelnagelneue Bühnentechnik.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Bastian Balthasar Bux, ein kleiner, schüchterner Junge, ist in der Schule ein Außenseiter. Auf der Flucht vor seinen Klassenkameraden rettet er sich in ein leer stehendes Theater. Dem Souffleur tut der verschreckte Junge leid und so schenkt er ihm ein altes Buch. Als Bastian zu lesen beginnt, tauchen hinter ihm Boten auf, die auf dem Weg zum Elfenbeinturm der kindlichen Kaiserin sind. Sie haben schlechte Neuigkeiten für sie, denn das „Nichts“ droht, Phantásien zu verschlingen. Leider geht es der Herrscherin aber im Moment gesundheitlich gar nicht gut. Sie schickt den jungen, grünhäutigen Jäger Atréju aus, um ein Heilmittel zu beschaffen. Der Weg zur uralten Schildkröte Morla, die in den Sümpfen der Tränen haust, ist mühsam und Atréjus Pferd macht bald schlapp.

Der Glücksdrache Fuchur ist seine Rettung, mit ihm fliegt er nun mühelos von Ort zu Ort und spricht mit den verschiedensten Bewohnern, die alle sehr eigenwillige Namen tragen. Schließlich erfährt er, dass nur ein Menschenkind der kindlichen Kaiserin helfen kann, indem es ihr einen neuen Namen gibt. Atréju sieht Balthasar in einem Zauberspiegel und schon ist unser Antiheld mitten in Phantásien. Nun beginnt der zweite Teil der Geschichte und der ist gar nicht mehr so märchenhaft, denn Balthasar verändert sich und aus dem „harmlosen Trottel“ wird ein selbstbewusster junger Mann, der sich im Machtrausch sogar zum Kaiser krönen lassen will. Er lässt sich von der Zauberin Xayide umgarnen und stürzt sich schließlich sogar in einen Zweikampf mit seinem Freund Atréju. Als er jedoch in der Alten-Kaiser-Stadt das Schicksal seiner Vorgänger erblickt, macht er sich auf die Suche nach dem Wasser des Lebens, das ihm die Rückkehr in die Menschenwelt ermöglichen kann.

Aaron Röll gibt den unsicheren Jungen, der in Phantásien alles nachholen will, was er bisher versäumt hat, und dabei wohl etwas über die Stränge schlägt. Leyla Bischoff fliegt als Atréju mit dem Glücksdrachen durch großartige, auf die Bühne projizierte Landschaften (Bühne, Kostüme, Figuren und Videos: Christian Floeren). Die übrigen sieben Schauspieler*innen sind schwer beschäftigt. Oft sind sie dank der prachtvollen oder auch schaurigen Kostüme nur an ihren Stimmen zu erkennen. Gregor Scholz hat als Morla einen wahrhaft großartigen, raumgreifenden Auftritt, als Ritter von der traurigen Gestalt sorgt er eher für Heiterkeit. Martin Trippensee verschmilzt in seinem Fellkostüm mit Fuchur und leiht ihm seine Stimme, als Felsenbeißer ist er allerdings nur schwer zu erkennen. Lisa Fertner kränkelt als kindliche Kaiserin, macht aber auch als Rennschnecke beste Figur. Nicola Kripylo hat als böse Xayide eine große Showeinlage samt Musikvideo. Georg Clementi, Maximilian Paier und Tina Eberhardt komplettieren das spielfreudige Ensemble und sind ebenfalls in vielen Rollen zu bewundern.

Ich muss gestehen, dass ich weder das Buch gelesen noch den Film gesehen habe. Doch 2017 sah ich im Schauspielhaus Salzburg „Die unendliche Geschichte“ als entzückende, spannende, märchenhafte Abenteuergeschichte für Kinder. Nach dieser Landestheater-Produktion ist mir aber klar, warum John von Düffels Bühnenfassung im Hauptabendprogramm zu finden ist. Der zweite Teil zeigt klar auf, wie schnell die Stimmung kippen und es zu kriegerischen Machtkämpfen kommen kann. Erwachsene versuchen oft, Michael Endes Roman auf den Grund zu gehen, und das ist gar nicht so leicht, hat sich der Autor doch stets geweigert, das Buch zu interpretieren. Er war jedoch offen für jede Interpretation, falls sie gut sei, auch wenn sie sich völlig von dem unterscheide, was er sich beim Schreiben gedacht habe. Carl Philip von Maldeghems Inszenierung bietet einen spannenden, sehr aufwändigen Theaterabend mit großartigen Bildern und vielen Denkanstößen.

„Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende. Bühnenfassung von John von Düffel. Musik von Katrin Schweiger. Österreichische Erstaufführung 4. Februar 2023. Inszenierung: Carl Philip von Maldeghem. Musik und Musikalische Einstudierung: Katrin Schweiger. Bühne, Kostüme, Figuren und Videos: Christian Floeren. Figurenspielkonzeption: Richard Panzenböck. Figuren- und Maskenbau: Angéle Jotz, Marion Leitner, Peter Mauracher, Richard Panzenböck. Mit: Aaron Röll, Georg Clementi, Lisa Fertner, Leyla Bischoff, Gregor Schulz, Tina Eberhardt, Martin Trippensee, Maximilian Paier. Fotos: Anna-Maria Löffelberger/ SLT

Sie schätzen unsere Bühnenberichte?

Das freut uns. Noch nie hatten wir mehr Leser! Freunde helfen der Dorfzeitung durch ein Abo (=Mitgliedschaft). Wir sind sehr stolz auf die Community, die uns unterstützt!

Dorfzeitung - Merkantiles

Das Zeitungsprojekt “Dorfzeitung” ist seit 1998 online. Fast alle Beiträge sind noch immer verfügbar und das soll auch so bleiben. Da wir aber trotz allem Engagement für unabhängige Berichterstattung Rechnungen bezahlen müssen, geht es nicht ganz ohne Ihre Hilfe. Daher ist es notwendig, mit der Dorfzeitung auch etwas Geld zu verdienen. Wir haben uns zu einem für die Leser sehr kostengünstigen Abo-System entschieden.

Bitte werden Sie mit einem Abo zum Freund der Dorfzeitung!

Im Folgenden finden Sie einfache Möglichkeiten, wie Sie uns unterstützen können.
Ganz NEU: Ein Abo verschenken >

INSERT_STEADY_CHECKOUT_HERE


Diesen Artikel empfehlen. Teilen mit:

Visits: 17

Dorfladen

Kommentar hinterlassen zu "Die unendliche Geschichte"

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*