Einmal elektrisch um den Ärmelkanal

Jurassic Coast

Am 25. März 1973 holte ich frühmorgens meinen Führerschein von der Behörde ab. Die Freiheit winkte, eine Freiheit, die in den 70ern in erster Linie mit Mobilität zu erreichen war, etwas das grenzenlos war und die Welt deutlich kleiner und erreichbarer machte. Ich hatte damals wie viele meiner Generation einen Traum, was das Auto betraf: den Bulli – für mich unerreichbar.

Leo Fellinger

Von Leo Fellinger

Ein Zeitsprung ins Jahr 2022. Zur ursprünglichen Leidenschaft für Mobilität und Reisen war inzwischen noch eine weitere dazu gekommen: Die Passion für Elektromobilität. So kam es, dass meine liebste Reisebegleiterin Verena und ich uns auf eine Reise begaben, die uns 15 Tage lang 5000km durch 6 Länder führen sollte, Ziel war eine Umrundung des Ärmelkanals. Die brennende Frage dabei: Mit welchem Auto? War es nicht an der Zeit, sich einen lebenslang mitgetragenen Wunsch zu erfüllen? Und so wählten wir für diese Reise den legitimen Nachfolger des legendären Bulli, den Volkswagen ID.Buzz. Unten orange, oben weiß. Sein unverwechselbares Bulli-Gesicht sah uns freundlich an, einladend, als würde er sagen: Lasst uns starten! Und das taten wir.

Die Route

Über Stuttgart nach Luxemburg, von dort aus über Belgien nach Air-de-la-Lys, wo wir in einem privaten kleinen Schloss übernachteten. Frühmorgens brachen wir auf nach Calais, um mit der Fähre den Ärmelkanal zu überqueren und mit der Umrundung zu beginnen. Im englischen Dover angekommen, verließen die wir Fähre und hielten uns LINKS, LINKS, LINKS bis zur ersten Ladestation (von denen es in England reichlich gibt) und blieben dort nicht unbemerkt, die Engländer können nämlich ihre Begeisterung für den alten und den neuen Bulli nicht verbergen. Sogar die britischen Zollbediensteten ließen es nicht bei “I like your car” bewenden, wir mussten auch alle Türen und Klappen öffnen, und das nur zum Zweck der Vorführung.

Leo + Verena Fellinger

Wir genossen das Bummeln entlang der südenglischen Küste und kamen spätnachts in West Wittering an, einem zauberhaften Dorf in West Sussex. Am nächsten Morgen nahmen wir die Fähre in Portsmouth, die uns auf die Isle of Wight trug. Beinahe exotisches Klima, beeindruckende Klippen und naturbelassene Strände. In Ryde schummelten wir uns frech in eine Oldtimerausstellung und stellten uns mitten hinein neben einen Bulli T1 aus dem Jahr 1969. Begeisterung pur bei den Besuchern – für alt und neu!

Rosa Granit-Küste
Rosa Granit-Küste

Weiter zur Jurassic Coast, ein UNESCO Weltnaturerbe, wo wir eine Gruppe Aktivist:innen, die sich für Reinigung der lokalen Küste einsetzen, trafen. 3 Tonnen Meeresplastik sammeln sie jährlich! Wir zeigten den Strandreinigern unseren ID.Buzz und erzählten etwas über die darin verwendeten Materialien – keine tierischen Stoffe mehr, die Sitzbezüge aus 10% Meeresplastik und 90% PET-Recycling. Das gefiel!

Von Poole ging es auf die Fähre nach Cherbourg, von dort dann weiter ins bretonische Perros-Guirec – dort zählt die Côte de Granit Rose mit ihren bizarren Felsformationen aus rosafarbenem Steinformationen zu den spektakulärsten Sehenswürdigkeiten. Die nächste Station war der Kunst gewidmet: Wir besuchten La Gacilly, wo jährlich Frankreichs größtes Open Air Fotofestival stattfindet, das sich ganz dem Umweltschutz verschreibt. Dann nach Arradon am Golfe de Morbihan, wo wir bei einem Bootsausflug schon die ersten Ladesäulen am Pier und die dazugehörigen Elektro-Boote entdeckten. Wir verließen die bretonische Küste in Richtung Nordost. Unser Ziel war Rennes, Hauptstadt der Bretagne. Auf den ersten Blick eine angesagte, kreative Region am Puls der Zeit. Eine Stadt, die im absoluten Gegensatz zu der Stadt steht, die wir als nächste ansteuerten: Paris. Dort fuhren wir in einem Fesselballon, der eigentlich als Instrument zur Umweltsensibilisierung installiert wurde, nach oben und bewunderten aus der Vogelperspektive die pulsierende Metropole.

Aire-de la LysOldtimertreffen Isle of Wight 1/2 – Father and Son – Luxembourg – Bretagne

Bei der Heimfahrt über Straßburg zogen wir Bilanz wir über das Erlebte, über geglückte und verunglückte Ladesituationen, über die Aufmerksamkeit, die uns unser ID.Buzz beschert hat, die Sympathie, die wir spüren durften, und wir fragten uns, ob wir uns noch eine andere Mobilitäts- und Antriebsform als die elektrische vorstellen können. Die Antwort ist: NEIN. Die Tatsache, lokal emissionsfrei zu reisen, ist faszinierend. Wir haben uns ausgerechnet, dass wir mit unserer Photovoltaikanlage zuhause im Monat August so viel Überschuss-Strom erzeugt und ins Netz eingespeist haben, wie wir auf dieser Reise verbraucht haben. Der ID.Buzz hat sich als idealer Reisegefährte profiliert, wir glitten leise und unbeschwert durch die Landschaft, steuerten so alle 300 km eine Ladesäule an. Das ist auf Autobahnen kein Problem, geht schnell, besonders die Ionity-Ladeparks erledigen das untadelig, auf der Landstraße ist das Laden dann schon etwas langsamer. Das ist alles super machbar, wenn man es mit Essenspausen oder Besichtigungen kombiniert. Nicht einer Sekunde haben wir gefürchtet, irgendwo liegenzubleiben, obwohl das Ladenetz noch nicht dort ist, wo und wie es sein könnte. Aber das wird sich schnell ändern, davon sind wir überzeugt.

Wer diese Reise gerne noch näher kennenlernen will, findet die Details in unserem Blog unter lovelectric oder ab 25. März in Servus TV als filmische Reisedokumentation: ” Mission Nachhaltigkeit  – Einmal elektrisch um den Ärmelkanal” – Teil 1 am Samstag, 25.03./12:45 Uhr (AT & DE), Teil 2 am Sonntag, 26.03./16:10 Uhr (AT) und 10:45 Uhr (DE).

Dorfzeitung.com

Die Dorfzeitung abonnieren

Die Dorfzeitung braucht eine Community, die sie unterstützt. Freunde helfen durch ein Abo (=Mitgliedschaft). Auf diese Weise ist es möglich, unabhängig zu bleiben. Herzlichen Dank für Deine/ Ihre Mithilfe!

INSERT_STEADY_CHECKOUT_HERE

Diesen Artikel empfehlen. Teilen mit:

Visits: 5

Dorfladen

Kommentar hinterlassen zu "Einmal elektrisch um den Ärmelkanal"

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*