Im Schauspielhaus Salzbug ist die Welturaufführung eines Theaterstücks der französischen Autorin Azilys Tanneau zu erleben. Die Firma OSIRIS hat ein revolutionäres Projekt auf den Markt gebracht. Es ermöglicht die virtuelle Wiedererweckung von Toten. Ob diese digitalen Kopien aber wirklich Trost spenden können?

Ein rundum gelungenes Kammerspiel, das trotz aller Tragik bestens unterhält und zum Nachdenken über den eigenen Umgang mit dem Tod anregt. Viel Applaus bei der Premiere am 23. Jänner 2025 für das großartige Ensemble und die anwesende Autorin.
Seit dem Suizid der 16-jährigen Aurore trauert ihre Familie, doch jeder auf seine Weise. Der pragmatische Vater hat zum Leidwesen seiner Frau sofort alle Fotos der Tochter abgehängt. Er vertraut auf den Rat seines Arztes, der ihm die Phasen von Trauer so erklärt: Auf Verdrängung, Zorn, Verhandlung und Depression folgt schließlich die Akzeptanz. Daran will er sich halten, wobei der Alkohol ihm diesen leidvollen Weg erleichtern soll. Aurores Zwillingsbruder Jan ist sauer, denn plötzlich dreht sich alles nur noch um seine tote Schwester.




Die Mutter wendet sich an die Firma OSIRIS und hofft, mit ihren Tochter mittels Künstlicher Intelligenz in Kontakt treten zu können. Die erste Sitzung erweist sich jedoch als herbe Enttäuschung. Wie eine Puppe wiederholt ihre geliebte Tochter mit strahlendem Lächeln stets dieselben Sätze.Auf Fragen weiß sie allerdings keine Antwort und reagiert völlig irritiert. Der Projektleiter verspricht Verbesserung, sollte er neue Informationen bekommen. Der Zugang zum Smartphone der toten Tochter macht aus dem emotionslosen Wesen schon einen etwas frecheren Teenager. Als die Mutter auch noch die Tagebücher, die sie selbst nicht lesen wollte, herausrückt, ist sie mit dem Ergebnis allerdings weniger zufrieden. Plötzlich ist Aurore angriffslustig und stets schlechter Laune. Sie erfährt Dinge, die sie gar nicht wissen will, doch über den wahren Grund ihres Selbstmords erfährt sie nichts.
Die Treffen werden für die Mutter zur Sucht. Nachdem das Erbe ihrer Mutter aufgebraucht ist, plündert sie das Familienkonto. Der Projektleiter hat jedoch einen lukrativen Vorschlag. Man könnte doch das erfrischende Profil von Aurore, für ihn nur KI 1407, für Werbung nutzen und sie so zur Muse für OSIRIS machen. Ob Vater und Bruder damit wohl einverstanden sein werden?




Leonie Berner brilliert als entzückende virtuelle Tochter, deren Lächeln und Augenaufschlag völlig puppenhaft wirken. Kein Wunder, dass ihre Mutter (Daniela Meschtscherjakov) anfangs total frustriert ist. Der Vater (Marvin Rehbock) sträubt sich zwar gegen das Experiment, doch seine Frau ist hartnäckig. Beide merken nicht, wie schlecht es ihrem Sohn (Rene Eichinger) geht. Für den schleimigen, geldgierigen Projektberater (Enrico Riethmüller) ist die trauernde Mutter das perfekte Opfer.
Verena Holztrattner hat das packende, berührende Stück mit viel Gefühl in Szene gesetzt. Das minimalistische Bühnenbild (Thomas Garvie) erzielt durch die großartigen Videos von David Haunschmidt große Wirkung. Wenn die Mutter ihrer Tochter zu nahe kommt, spielt die Technik verrückt, Ton- und Bildstörungen sind die Folge.
Ein wirklich großartiges, modernes Stück, das ich guten Gewissens weiterempfehlen kann, da es nach der Premiere nur positive Rückmeldung gab.
Dorfladen

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