„Bluatsuppn“ – eine absolut schräge Familienfeier

Bluatsuppn

Das „kollektiv KOLLINSKI“ befasst sich in seiner aktuellen Produktion mit weiblichen Traumata. Begleitend zu dieser theatralen Familienfeier hat die ARGEkultur im Rahmen des Formats „Open Mind Frequently“ eine Nicht-Einführung sowie nach der Vorstellung ein Erzählcafé kuratiert.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Bei der Vorstellung am 18. September 2024 gab die Seelsorgerin Elisabeth Helminger Einblicke in ihre ganz persönlichen Traumata. Dazu wurde Kürbiscremesuppe serviert. Der bunte, äußerst inspirierende Theaterabend bildet den Auftakt für die Auseinandersetzung mit feministischen Themen im Herbst.

Ella Hölldampf, die am Mozarteum Bühne und Kostümbild studiert, hat das Studio mit Polstern und Decken in eine gemütliche Wohlfühllandschaft verwandelt. Gestärkt mit Snacks und Getränken werden hier von Martina Fladerer zusammengestellte Texte gelesen. Es geht um Biografie, Erinnern, Gastfreundschaft, Geruch und Erinnerung, Vergangenheit und Vergessen. Zum Abschluss und zur Einstimmung auf die kommende Performance gibt es noch zehn Überlebenstipps für Familienfeiern.

Bestens vorbereitet geht es dann in den großen Saal, wo wir von Susanne Lipinski überaus herzlich empfangen werden. „Bussi rechts! Bussi links! Schön, dass ihr alle da seid!“ Natürlich haben wir alle Gastgeschenke mitgebracht. Ausgewählte Gäste dürfen an einer edel gedeckten Tafel Platz nehmen. Aber Vorsicht, die Teller dürfen nicht verrückt werden, da ist Susanne streng. Die übrigen Verwandten sitzen etwas erhöht und haben so alles bestens im Blick. Tante Erni, Onkel Herbert und Tante Gitti werden besonders freundlich begrüßt. Eine Stimme aus dem Off, die sich hinter einer entzückend altmodischen Kredenz verbirgt, kommentiert das Geschehenund fordert die Gäste zum kollektiven Suppenessen auf. Bald klingt das aber eher wie eine Drohung: „Wir gehen erst nach Hause, wenn die Suppe aufgegessen ist!“ Susanne schreckt nicht davor zurück, peinliche Geschichten von früher zu erzählen. „Wir reden nicht darüber!“, mahnt die Stimme aus dem Off.

Dass ein Platz leer ist, irritiert nicht nur Susanne. Diese Lehrstelle, dieses Vakuum wirkt bedrohlich. Plötzlich färbt die Beleuchtung die bisher helle Suppe blutrot und erinnert so an die Schrecken von Kriegen, an Blut, aber auch an Abtreibungen. Jetzt hat Susanne genug und fordert die lästige Stimme auf: „Du kommst heraus und stellst dich!“ Die Stimmung ist aufgeheizt und, wenn Victoria Fux endlich die Kredenz verlässt, geht es ordentlich zur Sache. Das Finale hat es in sich. Das kollektiv KOLLINSKI schenkt sich nichts. Die Projektionen und Visual Arts von Lisa Horvath geben dem chaotischen Finale den letzten Schliff. Diese Familienfeier hat es wirklich in sich. Ob es da jemals zu einer Wiederholung kommen wird, ist fraglich.

Der anschließende „Salon Bouillon“ findet wieder im Studio statt und da geht es etwas ruhiger zu. Wenn die ausgeteilten Erzählcafé-Regeln auch wirklich eingehalten werden, sollte es zu keinen Zwischenfällen kommen. Elisabeth Helminger, die in ihren 33 Berufsjahren in Krankenhäusern, Altenheimen und Hospizen gearbeitet hat, ist durch eine Behinderung seit 20 Jahren auf einen Elektrorollstuhl angewiesen. Sie erzählt aus ihrem Leben und stellt fest, dass Salzburg kein angenehmes Pflaster für Rollstuhlfahrer ist. Die steile Rampe ins Studio spricht Bände. Ein gemütliches, gemeinsames Suppenessen beendet diesen Abend, der die Aufmerksamkeit schärft.

Open Mind Frequently wird in der ARGEkultur am 24. und 25. September mit der Performance „Am Euter Stören“ von Verena Frauenlob und im November mit „Weißer Mann: Faust“ vom „Theater der Mitte“ fortgesetzt.

Dorfgockel

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