Bogen und Pfeil zugleich

Bogen und Pfeil zugleich

Thomas Bernhard in Seekirchen

Wenn Cassandra Rühmling die Bühne betritt und die ersten Worte spricht, erhellt ein energetischer Funke das geborgene Dunkel des Zuschauerraums, der die Sinne schärft und eine Spannung erzeugt, die bis zur letzten gesprochenen Silbe anhält. Die Schauspielerin, Regisseurin und Autorin ist gespannter Bogen und Pfeil zugleich.

Leo Fellinger

Von Leo Fellinger

Cassandra Rühmling gelang am 11. Oktober dieses Jahres ein theatralischer Spagat, indem sie die opulente Sprachmacht und den beißenden Humor Thomas Bernhards mit ungewöhnlicher Besetzung auf die Bühne bringt. Sie selbst spielt den 87-jährigen Großindustriellen Herrenstein, ein letztes Beispiel für die verkrüppelten, „künstlichen“ Menschen in diesem Werk. „Elisabeth II.“ war nicht das letzte Bühnenwerk des Dichters, und doch hat es sich nun in eine Art Nachlass verwandelt.

Geschrieben hat Bernhard das Stück 1987, zwei Jahre vor seinem Tod im Februar desselben Jahres. Darin pflegt der Autor die alten Obsessionen, die vertraute Österreich-Beschimpfung, die ganz normale Bernhard-Verachtung gegen ein, so Herrenstein, „verkommenes Volk“, ein langer Fluch aus Hass und enttäuschter Liebe, und doch souverän und kunstsinnig bis zur Unverschämtheit. Das Zentrum des Stückes bildet das Ankommen von Bekannten Herrensteins, die von seinem Balkon aus den Besuch der englischen Königin beobachten wollen und der Begegnung mit der letzten weiblichen „Mächtigen“ in Bernhards Stücken zum Opfer fallen. Denn als der Festzug vorbeikommt, stürzt der Balkon ab und reißt alle mit in die Tiefe – außer dem Protagonisten und seinem Diener, die auf den Anblick verzichtet haben.

Dass die Vorpremiere…

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