Brigitta M. Schulte: Ruhrgemüse, polnisch

Birgitta M. Schulte. (© Masako Kato)

Birgitta M. Schulte | Foto: STROUX edition © Masako Kato

Brigitta M. Schulte: Ruhrgemüse, polnisch

Autorin: Brigitta M. Schulte
Titel: Ruhrgemüse, polnisch
Genre: Roman
ISBN: 978-3-948065-40-9
Verlag: STROUX edition
Erschienen: 27.05.2025

Klappentext:

Eine Familiengeschichte im Ruhrgebiet, die vom Ankommen in der Fremde, von Zusammenhalt, Kampf gegen Ausgrenzung, Ungerechtigkeit und Armut erzählt – am Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1930er Jahre.

Adam und Zuzanna erleben als polnische Zuwanderer ein Dortmund im Pulsschlag der enormen industriellen Entwicklung. Durch einen Arbeitsunfall verliert Adam ein Auge und wenig später seine Stelle. Er tritt einem Spar- und Bauverein bei, engagiert sich in der Gewerkschaft, bei den Socialdemokraten und für die neue Arbeiter-Zeitung. Um die Familie zu unterstützen, nimmt Zuzanna Kostgänger auf und verdingt sich als Näherin. Die Familie wächst, kämpft um ihre Identität und die neue Heimat.

Anna Lemberger

Rezension von Anna Lemberger

Als die Familie Koszyński 1890 von Ostpreußen nach Dortmund übersiedelt, hoffen alle, der Armut endlich zu entkommen. Adam, Metall-Dreher-Meister, findet Arbeit in der „Maschinenfabrik Deutschland“ und verdient zunächst gut. Doch ein schwerer Arbeitsunfall kostet ihm ein Auge. Kurz darauf wird er Opfer bösartiger Intrigen und verliert seine Anstellung.

Für den Lebensunterhalt sorgt nun seine Frau Suzanna – junge Mutter und Ehefrau – so gut sie kann. Erst später schließt sich Adam den Sozialdemokraten an und findet eine neue Aufgabe bei der Arbeiter-Zeitung.

Brigitta M. Schulte erzählt in ihrem Roman die Geschichte ihrer polnischen Vorfahren – mit einer Mischung aus Fiktion und Wahrheit. Zur besseren Unterscheidung sind die biografischen Einschübe kursiv gesetzt und zwischen den Abschnitten des Romans eingefügt.

Die Handlung beginnt im Jahr 1890 und führt in vier Kapiteln bis ins Jahr 1931. Polnische Gastarbeiter werden für die Metall verarbeitende Industrie nach Deutschland geholt. Sie bleiben, werden aber lange Zeit nur geduldet und diskriminiert. Schulte zeigt anhand einzelner Schicksale, wie schwer es ist, in dieser politisch unruhigen Zeit als Ausländer zu bestehen. Die wachsende Kinderzahl erschwert das Leben zusätzlich.

Die Autorin beleuchtet zwei zentrale Themen ihres Romans: Zum einen erleben Fabrikarbeiter massive Ausbeutung. Deshalb engagiert sich Adam in der Gewerkschaft und bei den Sozialdemokraten. Er kämpft für gerechte Arbeitsbedingungen. Doch das bringt ihm nicht nur Freunde. Nach dem Ersten Weltkrieg herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände mit vielen Verletzten und auch Todesopfern.

Zum anderen erfährt die Familie Koszyński Ablehnung aus den eigenen Reihen. Landsleute wenden sich gegen sie. Frühe Freunde werden zu Gegnern, weil sie die Integration und die Umbenennung in „Kosshofer“ als Verrat empfinden. Von Deutschen diskriminiert und von Polen ausgegrenzt, bleibt die Familie zwischen zwei Welten.

In diesem Spannungsfeld wird Identität zur Last. Das Ringen um Zugehörigkeit ist schwer – und reicht bis in spätere Generationen. Auch dort werden polnische Wurzeln teilweise verleugnet, wie Schultes Familienbiografie zeigt.

Ein kurzes, aber inhaltlich dichtes Buch. Es entführt in eine entbehrungsreiche Epoche. Besonders die 1920er-Jahre sind geprägt von Armut, die hier eindrucksvoll sichtbar wird. Auch das Gefühl des Fremdseins und der Ausgrenzung wird spürbar gemacht. Ein nachdenklich stimmender Roman – persönlich, historisch und hochaktuell.


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