Ein altes Märchen, frisch erzählt
Bereits zum dritten Mal servieren Cassandra Rühmling und Torsten Hermentin im Kleinen Theater aufgeregtem jungen Publikum ein Märchen aus der Sammlung der Gebrüder Grimm. In alten Märchen sieht es mit den Kinderrechten oft schlecht aus, doch nach diesem Theaterstück dürfte den Kindern klar sein, dass sie sehr wohl Rechte besitzen. Ein unterhaltsames, sehr kluges Kinderstück für alle ab fünf Jahren.
Diesmal fehlt der fleißige Jakob Grimm. Leider schätzt es der Kurfürst Ernst August gar nicht, dass der Dichter an einem Buch für Menschenrechte arbeitet, daher musste er ins Exil flüchten. Sein Bruder Wilhelm (Torsten Hermentin) und dessen Frau Dörtchen (Cassandra Rühmling) wollen ihm folgen und sind gerade beim Packen. Ein Kutscher (Elia Ritter) soll ihnen zur Flucht verhelfen. Doch der ist ein echtes Schlitzohr. Er will die beiden an den Kurfürsten ausliefern und freut sich schon auf eine saftige Belohnung.
Wilhelm hat gar keine Eile, er sucht das letzte Märchen, an dem sein Bruder gearbeitet hat. Endlich findet er die Blätter von „Brüderchens und Schwesterchen“ und nun will er das Märchen mit Hilfe des Kutschers nachspielen. Brüderchen und Schwesterchens Eltern haben keine Ahnung von Kinderrechten, sie lassen ihre Kinder hungern und frieren. Kein Wunder, dass die Kleinen ständig singen: „Ich halt es nicht mehr aus, ich will hier raus!“ Sie fliehen in den finsteren Wald, in dem ein wilder, böser Zauberer wohnt. Dieser liebt es, Menschen in Tiere zu verwandeln. Schwesterchen hat aber so großen Durst, dass sie nicht widerstehen kann und trotz der Warnung „Wer aus mir trinkt wird ein Reh“ aus der Quelle trinkt. Nur gut, dass der Zauberer nicht auf die Kinder hört, denn die wollen unbedingt einen Löwen oder gar einen Elefanten sehen.
Nun ist Schwesterchen ein niedliches Reh und ihr Brüderchen kann sie leider nicht mehr verstehen. Nur wenn sie zur Harfe greift und singt, kann sie mit ihm kommunizieren. Es gibt ein Kinderrecht auf Spiel und Freizeit und das fordert das Schwesterchen jetzt ein. Sie will alleine im Wald herumlaufen. Leider weiß sie nicht, dass die Jagd der Lieblingssport des bösen Zauberers ist. Ob das gut gehen wird?
Die drehbare Bücherwand, hinter der sich ein Wald verbirgt, stand schon bei „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ und „Jorinde und Joringel“ auf der Bühne. Ein absolutes Highlight bei Inszenierungen von Cassandra Rühmling sind stets die pracht- und stilvollen Kostüme, Leihgaben der Salzburger Festspiele. Die Bühnenfassung von „Brüderchen und Schwesterchen“ von Roxana und Cassandra Rühmling ist zum Glück weit weniger brutal als das Originalmärchen, setzt sich dafür aber für Kinderrechte ein. Hier die zehn wichtigsten Rechte der UN-Kinderrechtekonvention:
1. Recht auf freie Meinungsäußerung & Beteiligung
2. Recht auf Gesundheit
3. Recht auf elterliche Fürsorge
4. Recht auf gewaltfreie Erziehung
5. Recht auf besondere Fürsorge & Förderung bei Behinderung
6. Recht auf Spiel & Freizeit
7. Recht auf Gleichheit
8. Recht auf Bildung
9. Recht auf Schutz im Krieg & auf der Flucht
10. Recht auf Schutz vor wirtschaftlicher & sexueller Ausbeutung
Nach der Premiere am 1. Dezember 2024 im Kleinen Theater in Schallmoos gab es glückliche, zufriedene Kinder und Erwachsene, die sich alle Gedanken über Kinderrechte machten.
„Brüderchen und Schwesterchen“ – von Gebrüder Grimm Regie: Cassandra Rühmling. Musik Cassandra Rühmling. Bühne: Andreas Lettner, le-ander, Friedrich Rücker. Kostüme: Lili Brit Pfeiffer, Jan Meier – Salzburger Festspiele. Bühnenfassung: Roxana & Cassandra Rühmling. Bühnenillustration: Annette von Bodecker. Licht: Marvin Gschnitzer. Mit Torsten Hermentin, Cassandra Rühmling & Elia Ritter. Fotos: Foto Flausen
Sie schätzen unsere Bühnenberichte?
Freunde helfen der Dorfzeitung durch ein Abo (=Mitgliedschaft)! Wir sind sehr stolz auf die Community, die uns unterstützt! Auf diese Weise ist es möglich, unabhängig zu bleiben.
INSERT_STEADY_CHECKOUT_HERE
Views: 56
Kommentar hinterlassen zu "Brüderchen und Schwesterchen"