Der Herr Karl

Der Wiener Schauspieler Walter Gellert gibt der Figur des „Herrn Karl“ neue Facetten. Der Nachkriegsklassiker des Autorenduos  Qualtinger/Merz hat bis heute nichts an Aktualität verloren.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Mit dem „Herrn Karl“ ist es dem genialen Autorenduo Qualtinger/Merz gelungen, den Nachkriegsösterreichern einen Spiegel vorzuhalten. Das Stück ist der wohl bekannteste Monolog über das „Wiener Herz, das einer Mördergrube gleicht“ und hat einen prominenten Platz in der österreichischen Literatur- und Fernsehgeschichte des 20. Jahrhunderts. Die Erstausstrahlung 1961 erregte die Gemüter, weil es da jemand wagte, nach außen zu kehren, was die meisten am liebsten versteckt hätten, die Verantwortung für die Vergangenheit. Doch Qualtinger war der Meinung, dass jeder einzelne Satz irgendwann einmal von irgendjemandem in Wien gesprochen oder gedacht worden sei.

Sympathisch ist er nicht, jener Durchschnitts-Wiener, der sich mit einem Minimum an Arbeit durch das 20. Jahrhundert schwindelt, nach Bedarf Sozi, Nazi, Nachkriegsrepublikaner ist. Seine Frauenfeindlichkeit kaschiert dieser Herr Karl ebenso wenig wie seine Kunst, unter jedem Regime auf die Butterseite des Lebens zu fallen, ohne aufzufallen.

Viele haben die Rolle interpretiert, ihr immer neue Facetten gegeben. Auch wenn der Wiener Dialekt blieb, ein „Herr Karl“ schien überall möglich. Der Wiener Schauspieler Walter Gellert nimmt die Figur in der Regie von Erhard Pauer direkter und irgendwie anständiger. Sein Herr Karl ist immer noch kein angenehmer Typ, aber auch keine Kunstfigur mehr, es ist mehr Theater als Kabarett.

Das Bühnenbild kommt mit einem Minimum aus, das Lagerinventar besteht aus einer einzigen roten Bierkiste. Walter Gellert betritt das Podium mit dem Textbuch in der Hand und rezitiert einige der bekanntesten Passagen. Dann legt er das Manuskript auf den Tisch, zieht einen Arbeitsmantel …

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