In Johannes Enders Inszenierung schlüpfen drei Damen in die Rolle des Harry Haller und verdeutlichen seine innere Zerrissenheit, seine Sehnsucht nach Ordnung und Struktur und seine Gier nach einem freien, wilden Leben.
Von Elisabeth Pichler
Die Bühnenfassung von Hermann Hesses Klassiker aus dem Jahre 1927 feierte am 13. September 2018 im Kulturhaus Emailwerk in Seekirchen Premiere und ist seit 18. September in den Kammerspielen des Salzburger Landestheaters zu sehen.
Harry Haller, ein vereinsamter Intellektueller, befindet sich in einer Existenzkrise. Er sehnt sich nach starken Gefühlen, die er bisher nur während eines Konzerts oder beim Studium klassischer Literatur zu spüren vermochte. Seine steppenwölfische Gier und wilde Begierde blockieren ihn und machen ihm schwer zu schaffen.
Er beschließt daher, sich in drei Jahren zu seinem 50. Geburtstag den Selbstmord zu erlauben. Bei einem nächtlichen Streifzug durch die Stadt entdeckt er eine Leuchtreklame, die ihn neugierig werden lässt: „Magisches Theater – Eintritt nicht für jedermann. Nur für Verrücke“. Hier lernt er die androgyne Hermine, eine „Kurtisane von leidlich gutem Geschmack“, kennen.
Diese nimmt sich seiner an und zeigt ihm eine neue, aufregende Welt. Sie lehrt ihn das Tanzen, macht ihn mit dem Jazzposaunisten Pablo bekannt und schenkt ihm die schöne Martha, die ihm eine einzigartige Liebesnacht beschert, ein „sterngewordenes Erlebnis“. Während Harry Hallers Einsamkeit durchbrochen wird, beschließt Hermine, in Wollust zu sterben. Sie ist der Ansicht, dass ihre Bestimmung nicht die Glücklichkeit sei und erteilt ihrem Schützling einen letzten Befehl: „Töte mich!“
Katharina Halus, Janina Raspe und Sonja Zobel, alle im klassischen schwarzen Frack, schlüpfen abwechselnd in die Rolle des Steppenwolfs und verdeutlichen überzeugend seine Orientierungslosigkeit und Zerrissenheit, seine „Wut auf dies abgetönte, flache, normierte und sterilisierte Leben“. Die Vertreter des bürgerlichen Lebens werden durch filigrane Papierpuppen dargestellt, denen jegliche Stabilität fehlt.
Da der Fokus auf der ausdrucksstarken Sprache Hermann Hesses liegt, ist die Bühne (Hannah Landes) eher schlicht gehalten. Der Eingang in das Magische Theater ist nur angedeutet und bleibt verschlossen. Zum Finale wird das Publikum jedoch gebeten, den Schauspielerinnen ins Freie zu folgen, um dort etwas wirklich „Magisches“ zu erleben.
Der vielschichtige Theaterabend über Orientierungslosigkeit und Sinnsuche wurde von Regisseur Johannes Ender mit drei großartigen Schauspielerinnen in Szene gesetzt und überzeugt mit starken Bildern und biegsamen Papierpuppen.
„Der Steppenwolf“ von Hermann Hesse. Bühnenfassung von Joachim Lux. Inszenierung: Johannes Ender, Bühne, Kostüme und Puppenbau: Hannah Landes. Mit: Katharina Halus, Janina Raspe, Sonja Zobel und Josef Vesely als Mozart. Vom Tonband die Stimmen von: Marco Dott, Eva Christine Just, Axel Meinhardt, Tim Oberließen und Christoph Wieschke. Fotos: © Anna-Maria Löffelberger
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