Schumanns eindringlicher Liederzyklus wurde von Christian Jost neu komponiert. Die Auftragsarbeit vom Konzerthaus Berlin und dem Copenhagen Opera Festival wurde im Oktober 2017 in Berlin uraufgeführt.

Die 16 Lieder, vorgetragen von Studierenden der Universität Mozarteum, nehmen in der flotten, modernen Inszenierung von Florentine Klepper das Publikum mit auf eine romantische Reise. Großer Jubel im Max Schlereth Saal bei der Premiere am 24. Jänner 2025.
„Es ist diese schmale Linie zwischen Schmerz und Leichtigkeit, die die Dichterliebe von Heinrich Heine auszeichnet.“ (Christian Jost)
Robert Schumann hat den berühmtesten Gedichtzyklus des 19. Jahrhunderts vor 170 Jahren in Musik umgesetzt. Christian Jost wollte in seiner Neufassung das harmonische Material von Schumann weiterdenken, erweitern und dadurch „neue Räume betreten, deren Türen Schumann aufgestoßen hat“.
Die 16 Lieder, die das Aufflammen einer Liebe, die Wonnen des Verliebtseins sowie die Trauer und den Schmerz über das Ende dieser Liebe beschreiben, werden von vier Sängerinnen und drei Sängern in einer opernhaften Inszenierung vorgetragen. In einer kalten, zugigen U-Bahnstation verteilt eine gläubige Frau die Broschüre „Was lehrt Gott uns wirklich?“. Leider zeigt niemand Interesse, weder der smarte Geschäftsmann, der mit Blumen und einer Weinflasche auf seine Freundin wartet, noch die Pilotin, die mit einem Rollkoffer unterwegs ist. Auch ein junges, übermütiges Liebespaar hat andere Probleme. Eine Obdachlose schiebt ihren vollgepackten Einkaufwagen durch die Gegend und richtet sich für die Nacht hier ein. Ein Musiker erscheint mit seinem Cello und nützt die Wartezeit zum Üben.
Diese sieben Personen tragen abwechselnd Lieder vor und erzählen dabei kleine Geschichten. Bei „Ich grolle nicht“ sind sich alle einig, da wird gemeinsam gesungen und ausgelassen getanzt. Es geht aber nicht immer so munter zu, denn es sind durchaus auch depressive Stimmungen zu bemerken. Schließlich stürzt sich eine junge Dame in ihrem Kummer auf die Bahngeleise und lässt die übrigen Passanten betroffen zurück.




Nach der Pause geht das Stück genau dort wieder weiter. Welch ein Glück, wir dürfen dieselben Lieder in derselben Reihenfolge nochmals hören – doch diesmal von anderen Personen gesungen. Die Handlung befindet sich im Retourgang, alle Unstimmigkeiten werden bereinigt. Gestohlene Blumen und Schuhe werden zurückgegeben. Leider wird dem Musiker auch das Geld, das in seinem Hut gelandet ist, wieder weggenommen. Der Geschäftsmann singt zum Abschied „Die alten, bösen Lieder“ und verschwindet. Zum Finale steht die gläubige Dame wie zu Beginn ganz alleine am Bahnhof.
Diese Neukomposition ist ein „klingendes Vermächtnis“, war sie doch für Christian Josts Gattin, die Sopranistin Stella Doufexis (1968-2015), konzipiert. Ihr viel zu früher Tod gibt dem Stück eine besonders tragische Note.
Das Ensemble für zeitgenössische Musik der Universität Mozarteum bringt unter dem Dirigat von Kai Röhring die abwechslungsreiche, absolut eingängige Partitur zum Strahlen. Großartig auch die stimmige Choreografie (Bewegungs-Coaching: Deva Schubert), die aus dem „Liederabend“ ein faszinierendes Opernerlebnis macht.
„Dichterliebe“ – Christian Jost nach Robert Schumanns „Dichterliebe“ op. 48 auf Texte von Heinrich Heine. Eine Veranstaltung des Departments Oper & Musiktheater in Kooperation mit den Departments Gesang und Szenografie. Max Schlereth Saal. Musikalische Leitung: Kai Röhrig. Regie: Florentine Klepper. Bühnenbild: Yvonne Schäfer. Kostüme: Carla Schwering. Dramaturgie: Heiko Voss. Mit: Julia Maria Eckes, Anastasia Fedorenko, Sveva Pia Laterza, Lucas Pellbäck, Yonah Raupers, Dominik Schumertl, Claire Winkelhöfer. Ensemble für zeitgenössische Musik Universität Mozarteum Salzburg. Fotos: Mozarteum – Christian Schneide

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