Elisabeth Pichler. Neben „1984“ ist „Die Farm der Tiere“, eine Satire auf die Sowjetunion aus dem Jahre 1945, wohl George Orwells bekanntestes Werk. Das Buch diente als Vorlage für eine Zeichentrickserie und ist somit vielen Jugendlichen aus dem Fernsehen bekannt. Das Schauspielhaus Salzburg bringt das Werk, das George Orwell selbst als Märchen bezeichnet hat, in der Inszenierung von Marion Hackl, als Jugendstück ab 12 Jahren auf die Bühne.
Ein etwas abgewirtschaftetes Häuschen steht auf der Bühne, umgeben von riesigen Knoblauchknollen. Dann beginnt das Märchen mit: „Es war einmal ein Bauer, Mr. Jones, ein grausamer Herr, aber tüchtiger Landwirt…“ Die Tiere sind unzufrieden, denn das Leben ist eine einzige Schinderei und so finden heimlictaVersammlungen ta der Scheune statt. Parolen werden ausgegeben: „Lernt den Wert der eigenen Arbeit kennen!“ Die Internationale wird mit neuem Text versehen: „Tiere Englands, Tiere Irlands, Tiere des Landes und der Luft, hört wie der Hufschlag der Zukunft uns in ein neues Morgen ruft.“
Es wird fleißig lesen und schreiben gelernt und bald stehen sieben tierische Gebote auf der Hausmauer, wobei das 1.Gebot natürlich lautet: „Alles, was auf zwei Beinen geht, ist ein Feind.“ Da viele Tiere nicht intelligent genug waren, diese Gebote auswendig zu lernen, schafften es die Schweine, die gesamten Gebote auf ein einziges zu reduzieren: „Vierbeiner gut, Zweibeiner schlecht“.
Nach der Revolution, Mr. Jones wird vertrieben und kann sich nun völlig dem Alkohol widmen, übernehmen die Schweine, die die Theorie des Animalismus entwickelt haben, allmählich die Kontrolle. Zwischen zwei Ebern, Napoleon und Schneeball, entbrennt ein Machtkampf, der in der Vertreibung Schneeballs endet. Er wird als Geheimagent denunziert, man hat endlich einen Schuldigen gefunden. Das Leben für die anderen Tiere auf der Farm wird immer härter. Napoleon, der das alte Farmhaus bezieht und in einem Bett schläft, schreibt die Gebote nach und nach zu seinen Gunsten um. Ein neues Gesetz wird propagiert: „Alle Tiere sind gleich, aber einige Tiere sind gleicher als andere.“
Am Schluss sehen die armen geplagten Tiere, die nach all der Verfolgung und Unterdrückung noch am Leben sind, wie Schweine und Menschen zusammen feiern und können keinen Unterschied mehr zwischen ihnen erkennen. „Die Tiere draußen blickten von Schwein zu Mensch und von Mensch zu Schwein, und dann wieder von Schwein zu Mensch; doch es war bereits unmöglich zu sagen, wer was war.“
Bernadette Heidegger, Thomas Pfertner und Maximilian Pfnür vollbringen eine gewaltige Leistung, denn sie geben nicht nur abwechselnd den Erzähler, sondern auch sämtliche Tiere. Sie stecken in weißen Filzhosen mit Trägern und Hemden. Masken sind nicht notwendig, nur kleine Veränderungen, wie heruntergelassene Hosenträger oder hochgestellte Hemdkrägen machen aus „Benjamin“, einem schüchternen Esel, das kapriziöse Pferd „Mollie“ oder das starke, aber leider nicht sehr intelligente Pferd „Boxer“. Gerade noch steht Thomas Pferter als gackerndes, schwatzhaftes Huhn im Stall, da mutiert er mit Sonnenbrille und roten Schuhen zum sadistischen Napoleon. Bewundernswert, die Wandlungsfähigkeit in Stimme, Mimik und Gestik, wenn die drei all die unterschiedlichen Tiere, aber auch den betrunkenen Mr. Jones sowie den Anwalt Mr. Wipper verkörpern.
Leider hat das Stück nichts an Aktualität eingebüßt. Der Kommunismus ist zwar untergegangen, doch Herrschsucht und Machtbesessenheit und die damit verbundenen Mechanismen der Unterdrückung, Manipulation und Propaganda haben immer noch Gültigkeit. Klingen die Reden der Politiker glaubwürdiger als die des Ebers Napoleon?
George Orwells Parabel über die Utopie eines Sozialwesens, in dem alle Menschen gleiche Rechte genießen, ist in schlichter klarer Prosa gehalten, doch gewürzt mit scharfem Witz und einer Mischung von Humor und Pathos bereitet das Stück sowohl Jugendlichen als auch Erwachsene ein tierisches Theatervergnügen.
DIE FARM DER TIERE – JUGENDSTÜCK NACH GEORGE ORWELL / SCHauspielhaus Salzburg/ PREMIERE: 3. OKTOBER 2009 / REGIE: MARION HACKL / AUSSTATTUNG: JOHANNES STOCKINGER / MIT: BERNADETTE HEIDEGGER, THOMAS PFERTNER, MAXIMILIAN PFNÜR / Dramaturgie: Angela Maria Pichler / Licht: FlorianHaß/Marcel Busa / Regieassistenz: Birgit Maier
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