Die Heidnische Kirche am Mooserboden

Die Heidnische Kirche am Mooserboden

Ein Ort des Erinnerns und Staunens

Hoch oben im Kapruner Tal, auf 2.040 Metern Seehöhe, steht sie still und eindrucksvoll: die Heidnische Kirche. Gleich neben der gewaltigen Moosersperre gelegen, erzählt dieses besondere Denkmal nicht nur von technischer Meisterleistung, sondern vor allem von den Menschen, die diese Errungenschaft möglich gemacht haben – und von jenen, die dabei ihr Leben ließen.

Karl Traintinger

Von Karl Traintinger

Ein stilles Mahnmal für die Verstorbenen

Zwischen 1947 und 1955 wurde hier Großes geleistet – und ein hoher Preis dafür bezahlt. 161 Ingenieure, Bauarbeiter und Kriegsgefangene kamen beim Bau der Kraftwerksgruppe Glockner-Kaprun ums Leben. Die Inschrift auf der Heidnischen Kirche – „Aus Arbeit und Opfer ein Werk“ – erinnert bewegend an diese Menschen und daran, dass hinter jeder beeindruckenden Leistung Geschichten von Mut, Leid und Hoffnung stehen.

Ein Kunstwerk, das Schutz verspricht

Die Heidnische Kirche selbst ist ein Kunstwerk aus Beton, entworfen vom Salzburger Bildhauer Josef Magnus. In ihrer Form symbolisiert sie den schützenden Mantel der Heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bauarbeiter. Hoch aufragend über einem gespaltenen Felsblock erbaut, verbindet sie Natur und Gedenken auf eindrucksvolle Weise.

Eine alte Legende lebt hier weiter: Wer durch den engen Spalt im Felsen kriecht, soll von seinen Sünden und Krankheiten befreit werden. Geschichten wie diese machen den Besuch zu einem besonderen Erlebnis, bei dem sich Geschichte, Volksglaube und Natur berühren.

Ein Bauwerk voller Geschichte

Der Bau der Kraftwerksgruppe begann bereits 1938, nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich. Während des Zweiten Weltkriegs arbeiteten Tausende Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und ausländische Arbeiter unter oft unmenschlichen Bedingungen an der riesigen Baustelle. 1944 wurde der erste Maschinensatz in Betrieb genommen, doch erst nach Kriegsende und mithilfe des Marshall-Plans konnte das Werk 1955 vollendet werden.

Kaprun wurde zum Symbol des Wiederaufbaus und des österreichischen Wirtschaftswunders – doch die Opfer, die diesen Erfolg erst möglich machten, sollten nie vergessen werden.

Ein Ort der Erinnerung und des Staunens

Heute steht die Heidnische Kirche als mahnendes Zeichen gegen das Vergessen. Sie erinnert daran, dass große Errungenschaften oft großen Einsatz fordern – und manchmal auch großes Leid mit sich bringen.

Wer den Mooserboden besucht, sollte sich einen Moment Zeit nehmen, um bei der Heidnischen Kirche innezuhalten. Inmitten der imposanten Natur der Hohen Tauern lädt sie zum Nachdenken ein – über die Kraft menschlichen Schaffens, über Opfer und über das, was bleibt.

Josef Magnus, geboren am 26. Mai 1909 in Heidenoldendorf bei Detmold, war ein Künstler, der sich trotz vieler Schicksalsschläge nie entmutigen ließ. Als 13-jähriger Vollwaise wuchs er bei Verwandten in Hallein auf – eine Stadt, die früh seine Liebe zur Kunst prägte.

Nach einer Ausbildung bei Professor Jakob Adlhart studierte er zehn Semester Bildhauerei an der Berliner Akademie und in Rom. Der Zweite Weltkrieg traf ihn schwer: Seine Ateliers in Berlin und Straßburg wurden zerstört, all seine Werke gingen verloren. 1944 kehrte er nach Salzburg zurück und begann von vorn. Doch auch dort schlug das Schicksal erneut zu: Ein Brand vernichtete 1992 viele seiner Arbeiten in Hellbrunn.

Trotz allem blieb Josef Magnus ein unermüdlicher Schaffer. Er sah jeden Neuanfang als Herausforderung und schöpfte aus Rückschlägen neue Kraft. Neben der Kunst war die Natur seine große Leidenschaft: Er pflegte seinen Garten, betreute Vögel und gestaltete liebevoll sein Zuhause.

Josef Magnus starb am 25. April 2005 im Alter von 95 Jahren – als Künstler, der immer wieder bewies, dass echter Schaffensdrang alle Widerstände überdauert.

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