Die heilige Johanna der Schlachthöfe.
Kapitalismus – Religion

Bertolt Brechts „Heilige Johanna“ hat aus naheliegenden Gründen in Zeiten unsicherer Wirtschaftslage Hochsaison. Im Schauspielhaus Salzburg feierte dieses zur Krisenzeit 1929/30 entstandene antikapitalistische Lehrstück am 19. September 2013 Premiere. In Szene gesetzt wurde das Stück von Thomas Oliver Niehaus, einem Spezialisten für problematische und komplexe Theaterstücke.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Mauler, der Fleischkönig von Chicago, und sein Kompagnon Cridle bringen ihren Konkurrenten Lennox durch dubiose Machenschaften zu Fall. In der Folge werden 70.000 Arbeiter ausgesperrt, das Elend ist groß. Johanna Dark, eine Heilsarmeesoldatin der „Schwarzen Strohhüte“, versucht, „in der Welt blutigster Verwirrung, planmäßiger Willkür und entmenschter Menschlichkeit“ wieder Gott einzuführen. Sie kann das wachsende Elend nicht aufhalten und wendet sich daher direkt an Mauler. Dieser lässt sie durch die Schlachthöfe führen, um ihr die Niedertracht und Schlechtigkeit der Armut zu demonstrieren.

Johanna erkennt jedoch den wahren Zusammenhang: „Nicht der Armen Schlechtigkeit hast du mir gezeigt, sondern der Armen Armut.“ Johanna gerät immer mehr in den Strudel der undurchschaubaren wirtschaftlichen Machenschaften der Fleischbosse. Um Gewalt zu verhindern, hält sie Informationen zurück und bringt dadurch einen geplanten Generalstreik zum Scheitern. Sie kommt zu der Erkenntnis, dass ihre Mission misslungen ist und sie den Arbeitern, denen sie helfen wollte, nur geschadet hat.

13 Schauspielerinnen und Schauspieler verbeugen sich bereits zu Beginn der Vorstellung und ernten den wohl erhofften Applaus. Im Hintergrund wird mit monotoner Stimme eine Litanei gebetet: „Arbeitslose – machen weiter, Investmentbanker – machen weiter, Gewerkschaftsführer – machen weiter, Sprengmeister – machen weiter“, und so weiter. Ein sanfter Hinweis darauf, dass sich auch in Zukunft nicht viel ändern wird. Vielleicht eine Erklärung für die derzeit herrschende „fundamentale Müdigkeit“ und Gleichgültigkeit der Menschen.

Die Hauptfiguren: Zynismus und Naivität treffen aufeinander

Volker Wahl erlaubt sich neben seinem Zynismus auch eine gehörige Portion Philanthropie. Olaf Salzer als sein Partner Cridle übertrifft ihn fast noch an gefühlloser Arroganz. Furchtlos und mit einer gewissen Naivität tritt den beiden Sinikka Schubert als Jo…

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