Autor: Dirk Stermann
Titel: Mir geht es gut, wenn nicht heute, dann morgen (Erika Freeman: Ein Jahrhundert Leben)
ISBN: 978-3-498-00374-6
Verlag: Rowohlt Verlag GmbH
Erschienen: November 2023
Klappentext:
Seit sie als Kind vor den Nazis fliehen musste, hat Erika Freeman in New York gelebt. Doch eines Abends sitzt die alte Dame mit dem unwiderstehlichen Lächeln in der Talkshow von Dirk Stermann, „Willkommen Österreich“, und verzaubert mit ihrem Witz und ihrer Weisheit ein ganzes Land.
Im hohen Alter ist Erika wieder in ihre Geburtsstadt Wien gezogen, und jeden Mittwoch kommt Dirk sie im Hotel „Imperial“ am Ring besuchen, um sich mit ihr bei Kipferln und Melange über Gott und die Welt zu unterhalten – und über all das Schreckliche, Komische, Schöne, das sie in so vielen Jahren erlebt hat.
Erika erzählt vom gewalttätigen 20. Jahrhundert, von Israel als Traum, von ihrer Karriere als Psychoanalytikerin in New York und von Wien als Stadt von Glanz, Geist und Niedertracht. Aus dem Gespräch über ein Jahrhundertleben wird ein Roman, in dem sich Vergangenheit und Gegenwart großartig verflechten.
Rezension von Anni Lemberger
Dr. Erika Freeman, eine Überlebende der Shoa kehrte nach mehr als 80 Jahren nach Wien zurück, der Stadt, in der sie geboren wurde und die ihr unter der Herrschaft der Nationalsozialisten nach dem Leben trachtete.
Dirk Stermann, Autor des Buches und Teil des Moderatorenduos der Sendereihe „Willkommen Österreich“ wurde durch einen Bekannten auf Erika Freeman aufmerksam und lud sie in die Sendung ein. Daraus entwickelte sich eine Freundschaft, die zu diesem Buch führte.
Als 12 jähriges Kind wurde Erika, zum Schutz vor den Nazi, von ihrer Mutter alleine in ein unbekanntes Leben in die USA geschickt. Dort lebte sie kurz bei Verwandten, die mit ihr nichts anfangen konnten und sie kurzerhand in ein Kinderheim abschoben. Zum Glück für das hochintelligente Mädchen, das damit in eine gute Schulbildung starten konnte, die vor dem Beginn ihres erfolgreichen Lebens stand.
Von diesem Leben erzählt sie Dirk Stermann bei ihren gemeinsamen Frühstücken im Wiener Hotel Imperial.
Erika Freeman, die von Manchen als „Enkelin“ der Freud´schen Psychoanalyse bezeichnet wird, hat sehr erfolgreich „zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, das Richtige gemacht“ – so würde ich ihren Erfolg bezeichnen. Denn Amerika ist das Land, in dem jeder Prominente seinen eigenen Psychoanalytiker haben sollte und dieses „crazy sein“ der Schönen und Reichen hat Erika, die zuerst Politikwissenschaft studiert hatte, erkannt und genutzt. Sie begann mit einem Psychologiestudium und machte anschließend die Ausbildung zur Psychoanalytikerin bei einem Schüler Freud´s. Schnell machte sie sich einen Namen als Psychoanalytikerin der Hollywoodstars…..
Heute ist Erika 96 Jahre alt, hat mit 95 Jahren mit großer Freude die feierliche Überreichung der „zweiten“ Österreichischen Staatsbürgerschaft entgegen genommen und mit Charme und Witz die Menschen begeistert.
Freeman ist sicher eine herausragende Persönlichkeit, denn sie hat viele schlimme Dinge erlebt – von ihrer Flucht in der Nazizeit bis zu ihrer Rückkehr nach Wien. Durch Corona konnte sie nicht in die USA zurück und ist in Wien geblieben.
Offensichtlich ist sie aus ihren Fehlschlägen im Leben gestärkt hervorgegangen, denn sie hat sich ihren Charme und ihren Optimismus bewahrt.
Sie hatte aber auch das große Glück, dass sie Geldgeber für ihr Studium gefunden hat, denn in dieser Zeit war für Frauen ein Studium eher ungewöhnlich.
Trotz ihres Alters ist Frau Dr. Erika Freeman sich ihres „Wertes“ bewusst, denn die eine oder andere Äußerung, die Stermann zitiert, hat durchaus etwas „Belehrendes“. Sie ist auch von Wien aus immer noch therapeutisch tätig. Mit Klienten aus Amerika kommuniziert sie mittels Telefonkontakt.
Die Analytikerin dürfte auch ein entsprechendes Honorar verlangen bzw. verlangt haben, denn ein mehrjähriges Logieren im Hotel Imperial setzt entsprechende Geldmittel voraus.
Stermann stellt dem Leser eine großartige, selbstzufriedene Frau mit einer spannenden und interessanten Lebensgeschichte vor, wobei ich den Hype um ihre Person nicht ganz nachvollziehen kann – abgesehen jetzt von ihrer Bedeutung als eine der letzten überlebenden Zeitzeugen des Holocaust.
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