„Erdäpfel-Brezn-Supp’n kann ich mir überall machen“ behauptet Susanne Lipinski in ihrer Solo-Kochshow, denn als Exil-Österreicherin überkommt sie manchmal das Heimweh nach einem kleinen Dorf im Salzburger Land.
Im Foyer erwartet den Besucher Schrebergartenidylle. Hinter einem kleinen Zaun mit Blumenkästen darf man an einem Biertisch Platz nehmen, das Bier ist eingekühlt, Manner-Wafferl liegen auf der rot-weiß-karierten Plastiktischdecke. Bald schon heißt es austrinken, denn nun geht es ab in den Theatersaal. Susanne Lipinski hat sich in ihrer neuen Heimat noch nicht ganz eingerichtet, davon zeugen die vielen Umzugskartons. Zu französischen Liedern aus dem Radio singt und tanzt sie gut gelaunt, gönnt sich einen Piccolo-Sekt und schält dabei Südfrüchte. Es ist ein Weihnachtsabend fern der Heimat, ein paar armselige Teelichter ersetzen den Christbaum. Als sie versucht, ein stimmungsvolles „Stille Nacht“ anzustimmen, ist es so weit: Sie muss uns einfach von ihrer Heimat erzählen, „denn der Christbaum steht bei mir daheim genau an der gleichen Stelle“.
Nach einer genauen Schilderung ihres Heimathauses führt sie uns durch einen Ort gleich neben der Asitz-Bahn (Leogang?). Wir dürfen bei einem Begräbnis dabei sein, begleitet von der örtlichen Musikkapelle, deren Dirigent der junge und fesche Direktor der Raiffeisenkasse ist. Nach ein paar sehr persönlichen Erfahrungen zum Thema Heimweh in Landschulwochen und Sprachkursen wird die Performance zusehends kritischer. Plötzlich geht es um BAWAG, BUWOG und Lucona, um eine „Buberlpartei“ und eigenartige Wahlkampfparolen („Daham statt Islam“). Bekannte Österreicher rechnen mit ihrer Heimat nicht gerade liebevoll ab, da darf natürlich Thomas Bernhards Aussage „Die Mentalität der Österreich ist wie ein Punschkrapfen, außen rot, innen braun und immer ein bisschen betrunken“ nicht fehlen.
Natürlich bleiben auch „unsere“ sportlichen Höhepunkte nicht unerwähnt, sowohl das legendäre Cordoba-Spiel als auch die Olympia-Abfahrt von Fritz „The Cat“ werden in einer abwechslungsreichen Collage dokumentiert. Susanne Lipinski schafft im Alleingang sowohl ein Hörspiel über die drohende Schlägerung des Silberwaldes als auch ein vierstimmiges Musikstück und vergisst neben all diesen Aktivitäten doch nie auf ihre „Erdäpfel-Brezn-Supp’n“, denn exakt am Ende ihres Programms kann sie ihre heimatliche Leibspeise genießen.
Gemeinsam mit Regisseur Thomas Sobotka hat Susanne Lipinski diese äußerst vergnügliche, temporeiche, kabarettistische Kochshow rund um österreichische Heimatidylle und Patriotismus entwickelt. Das Publikum war begeistert. Das Rezept für die „Erdäpfel-Brezn-Supp’n“ (laut Programmheft), die wirklich Appetit macht, soll hier nicht fehlen:
Heimische Erdäpfel schälen und in kleine Würfel schneiden. Mit der Karotte aus dem Garten und dem Bio-Sellerie vom Spar um die Ecke dünsten und mit etwas Halleiner Kristallsalz abschmecken. Wenn die Kartoffel bissfest, abseihen und mit dem zuvor klein gewürfelten Pinzgauer Bierkäse abwechselnd in eine Schüssel schlichten. Mit brauner Almbutter übergießen und mit Schnittlauch aus dem Blumenkistl vorm Balkon bestreuen. Dazu passt grüner Salat.
„Heimweh“ – Erdäpfel-Brezn-Supp’n kann ich mir überall machen – Toihaus Salzburg / Spiel: Susanne Lipinski / Regie: Thomas Sobotka / Bühne & Kostüme: Irene Edenhofer-Welzl / Licht & Technik: Annette Dell’Aere, Mike Lugauer / Technik: Mike Lugauer
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