„FAUST²“ – Das Höllenfeuer lodert schon

„FAUST²“ – Das Höllenfeuer lodert schon

Carl Philip von Maldeghem eröffnete seine Intendanz am Salzburger Landestheater 2009 mit Johann Wolfgang von Goethes Faust I. 2019 folgte in der Felsenreitschule Faust II. Am 16. November 2024 feierte nun seine Neuinszenierung „Faust zum Quadrat“, also Faust I und Faust II an einem Abend, Premiere. Die verknappte, humorvolle, moderne Fassung begeisterte das Publikum.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Nur vier Personen bestreiten diesen Abend und gemeinsam bringen sie uns das „Vorspiel auf dem Theater“ nahe. Dann geht es ab in die Studierstube, in der sich Faust mittels VR-Brille der modernen Magie verschreibt. Zufrieden macht ihn dies nicht. Er denkt an Suizid und greift verzweifelt zu Todesspitze, Plastiksackerl und Pillen.

Zwei wissbegierige, aber nervige Schüler begleiten ihn auf dem Osterspaziergang. Dort treffen sie auf einen riesigen Eisbären, den nur Faust als Pudel erkennt. „Bin dein Diener, bin dein Knecht“ so stellt sich des Pudels teuflischer Kern vor und verspricht grenzenloses Vergnügungen. Ein Pakt ist schnell geschlossen. In Auerbachs Keller ist die Stimmung zwar zünftig, doch erst nach einer Verjüngungskur mit Botox und dem Hexeneinmaleins ist Faust wirklich zufrieden. Er betört das fromme, keusche Gretchen bei einem romantischen Picknick. Die Sache geht natürlich nicht gut aus. Eiskalt erklärt ihm Mephisto: „Mutter tot, Bruder tot, Kind ertränkt, Gretchen im Kerker.“ Die Rettung läuft schief, denn aus dem sanften Gretchen ist eine wütende junge Frau geworden.

In Faust II tauschen Faust und Mephisto ihre Rollen und es geht nun in die kalte Welt der Politik. Da die Taschen des Kaisers leer sind, wird einfach Papiergeld erfunden. Dann will sich der Kaiser mit der schönsten Frau amüsieren und er verlangt nach Helena. Es folgt ein Abstecher in mythische Gefilde, wo es zu einem Treffen mit „Homunculus“ kommt. Die Hütte von Philemon und Baucis geht leider in Flammen auf. Genießen aber macht gemein und so ist es kein Wunder, dass ein Bürgerkrieg entbrennt. Nachdem Faust dem Meer Land abgerungen hat, wird es Zeit, dass er endlich zur Ruhe kommt. „Werd ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch! du bist so schön! Dann magst du mich in Fesseln schlagen, dann will ich gern zugrunde gehn!“

Gregor Schulz brilliert nicht nur als zweifelnder, frustrierter Faust, er übernimmt in Faust II auch die Rolle des Mephisto, denn in dieser Inszenierung wohnen tatsächlich zwei Seelen in seiner Brust. Auch Nikola Jaritz-Rudle darf nicht nur als Mephisto glänzen, sondern auch als fordernder Faust. Zusätzlich verkörpert sie auch noch das arme Gretchen, das aber eine enorme Wandlung durchmacht. Leyla Bischoff und Maximilian Paier sind in vielen Rollen zu bewundern. Während sie in Auerbachs Keller ihr Glück im Zug nach Osnabrück finden, überzeugen sie in der Walpurgisnacht als wilde Hexen.

Die Bühne wird von vier verschieb- und drehbaren Balken beherrscht, auf denen immer wieder Computersymbole aufflimmern. Die grandiosen Videoeinspielungen schicken das Publikum mit Faust und Mephisto auf eine abenteuerliche Reise durch Wiesen und Wälder, ins Hochgebirge und ans Meer (Bühne, Video und Kostüme: Christian Floeren). Auch zwei riesige Laufräder, die 2022 für „Kasimir und Karoline“ im Zirkuszelt zum Einsatz kamen, verfehlen ihre Wirkung nicht.

Carl Philip von Maldeghems hat mit dieser ironischen Inszenierung Goethes Meisterwerk in unsere digitale Welt versetzt. Das passt hervorragend, denn auch der moderne Mensch fordert ständig und akzeptiert keine Grenzen. Einen so unterhaltsamen Faustabend hat das Publikum wohl noch selten erlebt. Ich bin mir sicher, dass auch junges Publikum dieser frischen Zugang schätzen wird.

Dorfgockel

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