Adel in Monarchie und Republik – von einer Elite zu Verfemten?

Braunau

Braunau | Foto: Karl Traintinger, Dorfbild

Jahrhunderte lang war die Aristokratie privilegiert, wurde vom Volk bewundert, nachgeahmt oder von ihren Untertanen gefürchtet. Mit dem Zusammenbruch der Habsburger-Monarchie wurde sie von einem Tag zum anderen vom Podest gestürzt.

Von Gundula Walterskirchen

Ihre Adelsprädikate, auf die sie so stolz gewesen war, wurden in Österreich verboten, ihre Privilegien ihr weggenommen, und falls Adelige das Pech hatten, dass ihre Besitzungen in den später kommunistischen Nachbarländern lagen, enteignet. Der Absturz des österreichischen Adels war total!

Von Verehrten wurden sie zu Verfemten, von Reichen teilweise zu verarmten, von einer Elite zu Außenseitern. Dem deutschen Adel erging es, bis auf den Erhalt des Adelsprädikates als Bestandteil des Namens, ähnlich.

Das Referat geht der Frage nach, welche Auswirkungen das Adelsverbot auf die betroffenen Familien hatte. Wie verhält sich ein über Jahrhunderte privilegierter Stand, wenn ihm plötzlich politische und gesellschaftliche Vorrechte genommen werden und seine Herkunft „kriminalisiert“ wird? Vernichtete das Verbot den Adel gar?

Zahlreiche Beispiele machen deutlich, dass sich Angehörige des Adels heute durchwegs nicht als absterbende Äste am Baum unserer modernen Gesellschaft fühlen, im Gegenteil. Klingende Namen der Vergangenheit wie etwa Schönborn, Esterházy, Schallenberg, Liechtenstein oder auch Habsburg spielen noch heute eine Rolle. Wie schon zu Zeiten der Monarchie haben sie bedeutende Ämter in Kirche, Militär und Diplomatie inne. In Staat und Wirtschaft haben sie längst Führungspositionen inne, nicht nur in Österreich: So etwa der tschechische Spitzenpolitiker Fürst Karl Schwarzenberg. Und der Diplomat Peter Launsky von Tieffenthal, dessen Vorfahren in den Ritterstand erhoben wurden, wechselte kürzlich vom Außenministerium in Wien nach New York, wo er als neuer Kommunikationschef der UNO wirkt.

Österreichs Adelige profitieren von der europäischen Einigung: Von ehemals kommunistischen Staaten erhielten sie teilweise Vermögen und Schlösser zurück. Die alte Verbundenheit ihrer Familien zu einzelnen ehemaligen „Kronländern“ wissen viele für wirtschaftliche Aktivitäten zu nutzen. So etwa gelingt es etlichen deutschen adeligen Familien, ihre alten desolaten Besitzungen im ehemaligen Ostdeutschland in blühende Wirtschaftsbetriebe umzuwandeln. Und für Österreich nenne ich stellvertretend Graf Andreas Bardeau, der in Rumänien ein landwirtschaftliches Imperium aufgebaut hat.

Doch das Image bleibt weiterhin gespalten: Einerseits wird dem Adel in einschlägigen Illustrierten weiterhin gehuldigt und jede Hochzeit oder Geburt bejubelt und bestaunt; Andererseits werden einzelne Adelige, die sich etwas zuschulden kommen lassen oder auch nur im Verdacht dazu stehen, an den Pranger gestellt und mit ihnen gleich der gesamte Stand. Ich nenne als prominente Beispiele nur die Namen Guttenberg und Mensdorff-Pouilly. In diesem Fall vergisst man selbst in Österreich darauf, dass Adelsprädikate abgeschafft sind und tituliert fleißig den „Grafen“. Und schon wallen die alten Ressentiments hoch. Bei erfolgreichen Adeligen erwähnt man das Prädikat hingegen nie!

Spätestens seit dem Fall – und zwar im doppelten Sinn des Wortes – Guttenberg werden sich Adelige wohl gründlich überlegen, ob sie den Schritt in die Politik wagen. Nach dem (übertriebenen) „Hosianna“ folgte alsbald das „Crucifige“. Mit dem Niedergang des Images der Politik geht auch das Ausscheiden der Eliten einher. Und so findet sich mittlerweile in den Reihen der österreichischen Bundespolitik kein einziger Adeliger mehr. Es wird interessant sein zu beobachten, ob sich diese Tendenz auch im bisher beim Adel so beliebten Bank- und Finanzwesen fortsetzt.

Was sich jedenfalls konstatieren lässt ist, dass sich derzeit der Adel, wie stets in Krisenzeiten seit dem Ende der Monarchie, auf seine alten Werte – materielle wie immaterielle – besinnt und gesellschaftlich zurückzieht.

Abstract zum Referat von Dr. Gundula Walterskirchen anlässlich der 21. Braunauer Zeitgeschichte-Tage vom 28.- 30. September 2012 zum Thema: „Adel verpflichtet“ Die Verantwortung des Adels einst und jetzt. Programm>
Homepage von Dr. Gundula Walterskirchen>

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