Mit der Erfolgsoper „Greek“ von Marc-Anthony Turnage setzt das Salzburger Landestheater seine Erfolgslinie innovativer Opernproduktionen fort.
Von Siegfried Steinkogler.
Greek? Griechisch? Der Titel könnte in die Irre führen: keine neuerliche EU- Oper über Finanzdesaster und gute oder schlechte Karten bei internationalen Kreditinstituten. Griechisch ist nur der die Handlung bestimmende Mythos – der Mythos, in dem der unglückliche Ödipus (unwissentlich)seinen Vater tötet und seine Mutter ehelicht.
Schon von Homer beschrieben, geistert die Geschichte spätestens seit Sophokles, also immerhin seit mehr als zweitausend Jahren, durch die Theaterwelten. Angesichts der vielen Vorgängervarianten mutet der Erfolg von „Greek“ wie ein kleines Wunder an. Selten hat sich ein musikalisches Bühnenwerk in den letzten Jahrzehnten derartig durchgesetzt: seit seiner Uraufführung bei der Münchner Biennale 1988 kam es zu einer Fülle von Nachspielungen in den USA und in vielen europäischen Ländern.
Die in deutscher Sprache gehaltene Salzburger Aufführung besticht durch eine glänzend organisierte, abwechslungsreiche und kurzweilige Inszenierung, konzipiert von Regisseur Andreas Gergen und ausgestattet von Stephan Prattes.
Marc-Anthony Turnage siedelt seine Version des Ödipus-Themas im London der 1980er Jahre an, in der Knautschzone zwischen selbstgefälligem Mittelstand und Armut und Elend der unteren Bevölkerungsschicht, wo rohe Gewalt, Unvernunft und Verzweiflung herrschen. Dementsprechend ist auch die Bühnensprache eine vulgäre, in der – als veranschaulichendes Beispiel – das im Text vielzitierte Wort „Scheiße“ noch zu den harmloseren Kraftausdrücken gehört.
Auch Fremdenhass, Frauenfeindlichkeit und Arbeitslosigkeit sind unverzichtbare Bestandteile dieser Welt. Komponist und Textdichter fügen all diese Aspekte zu einer glaubwürdigen Einheit zusammen. Die Musik gibt sich dabei teils expressionistisch, teils hiphopartig-jazzmäßig-populär, bleibt jedoch stets originell „Marke Turnage“.
Das vierköpfige Ensemble wirkt bei der Premiere motiviert und gut vorbereitet. John Chest gibt als „Eddy“ mit emotionalem Sprechgesang den Ton an und wirkt somit milieubestimmend. Sehr berührend auch die Liebesszenen zwischen ihm und seiner (vermeintlichen) Frau, dargestellt von Frances Pappas, die, als Eddy…
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Eine begeistert geschriebene Kritik, die zum Opernbesuch animiert!