Grillen ist einfach schön

Vor der SchlachthaustürVor der Schlachthaustür

Sommerzeit ist Grillzeit! Viele Hobbyköche freuen sich schon lange auf die warmen, sonnigen Tage, die das Grillen an der frischen Luft so herrlich machen. Die Griller gibt es in den verschiedensten Bauarten, Größen und Heizvarianten meist sogar irgendwo im Sonderangebot, dazu noch Kochschürzen und Handschuhe und was sonst noch alles das Herz begehrt.

Dr. Karl Traintinger

Von Karl Traintinger

Die Supermärkte und Fleischer haben spezielle Grillangebote im Sortiment: Vakuumierte und marinierte Minutensteaks, Schopfbraten, Karree, Ripperl, Käsekrainer, Schweinsbratwürstel, und so weiter und so fort. Gewürze, Weichmacher und Geschmacksverstärker sorgen dafür, dass alles butterzart ist und hervorragend schmeckt; auch das Bier passt dazu, selbstverständlich kommt es gekühlt aus dem Partyfass.  Die Grillsaucen und das Salatbuffet, dazu noch Knoblauch- und Kräuterbaguettes runden den gelungenen Grillabend ab.  Und wenn etwas nach der Schlemmerei übrig geblieben ist, geht es am folgenden Wochenende munter weiter.

Vergessen sind die da und dort verpönten Inhaltsstoffe in den Marinaden und Saucen oder die Tierschutzgedanken beim Fleisch, bei dem nur die möglichst günstig gekaufte Gesamtmenge zählt. „Es wird schon passen“, heißt es dann, „wo doch sowieso alles so genau kontrolliert wird. Die verdienen alle zuviel, sonst würde es diese Sonderangebote nicht geben!“

Vom Schwein zum Schweinefleisch

Ich möchte im Folgenden nur den Weg des Schweinefleisches etwas nachzeichnen, vielleicht fällt dann da und dort die Entscheidung für den Einkauf von Gemüse zum Grillen etwas leichter. Es muss ja nicht ganz und gar fleischlos sein, aber …

Fleisch zum Grillen muss billig sein

Moderne Schweine werden künstlich befruchtet und gebären dann nach durchschnittlich 115 Tagen Tragezeit im Schnitt 10–12 Ferkel. Meistens im Kastenstand. Das Durchschnittsgewicht beträgt etwa 1–1,5 kg. Den kleinen Ferkeln bekommen in den folgenden 4–5 Wochen einige gesundheitsfördernde Maßnahmen zu spüren: Impfungen, Eiseninjektion, Entwurmung, Kürzen der Schwänze, Abkneifen der Eckzähne, Kastration; natürlich alles zu ihrem Besten. Und zum Vorteil der Produzenten und Billigeinkäufer. Nach dieser Zeit werden sie abgesetzt und kommen in einen eigenen Stall.  Sie haben mittlerweile etwa 7–8 kg erreicht.  Mit einem Alter von etwa 10–12 Wochen und einem Gewicht von 25–30 kg geht es weiter zum Mäster. Sie werden dort in Gruppen zu etwa 6–10 Tieren aufgestallt. Nach weiteren 3,5-4,5 Monaten sind die Schweine fertig gemästet und wiegen etwa 110–120 kg, haben viel Muskelfleisch und wenig Fett angesetzt; genauso wie es der Grillmeister haben möchte. Und das Platzangebot sowie die Aufstallung für die Tiere entspricht natürlich dem Tierschutzgesetz, wenn auch häufig nur dem untersten Level. Es muss ja billig produziert werden.

Die Transporter zu den Schlachthöfen sind heutzutage technische Wunderwerke. So können auf einem Lastwagen bis zu 120 Tiere in drei Stöcken gefahren werden, es gibt Lüftungen und Einstreu, jedes Schwein hat die ihm zuständigen Quadratmeter zur Verfügung. Das wird auch streng kontrolliert.

Ein Zurück gibt es nicht, die modernen Schweine leben kurz und sind schnell wachsend. Eine Suhle kennen sie nicht, es geht zumeist nur um kostengünstige und somit produktionsfreundliche Tageszunahmen.

Zum Treiben werden Plastiktreiber verwendet, die Tiere reagieren ganz gut darauf, auch auf Zurufe. Die meisten Transporteure können das. Das Abladen geht in der Regel so gut wie ohne Gewaltanwendung und mit wenig Stress vonstatten.

Tierschutz am Schlachthof

Es ist halt auch hier alles eine Frage der Dimension. Werden nur etwa 300 Schweine geschlachtet, kommen die Tiere nach maximal 1–2 Stunden Fahrtzeit am Schlachthof an, auch gibt es fast keine Wartezeiten. Da alles billiger werden muss, werden die Schlachthöfe immer größer, die Anfahrtswege länger und Wartezeiten auf den Schlachthöfen in engen Warteställen, in einer fremden, Angst machenden Umgebung immer wahrscheinlicher. Man sollte darüber nachdenken, woher die 2–3000 oder noch mehr Schweine in einen Großschlachthof kommen. Wie groß die Fehlerquote bei der Betäubung und Tötung ist, wenn für nichts mehr Zeit bleibt? Wie viele Tiere dann die 1–2 Prozent wirklich sind?

Die Treibgänge von den Warteställen weg werden immer enger und enden ganz am Schluss in einer Gondel, die sie in das CO₂-Gas bringt, das die Schweine betäubt. Anschließend werden die bewusstlosen Tiere aufgehängt und durch Eröffnen der Halsschlagadern mit anschließendem Entbluten getötet. Dann geht es in die Enthaarungsmaschinen, in denen mit heißem Wasser und Flammenwerfern die Borsten entfernt werden. Nach dem Ausnehmen, dem Entfernen der Innenorgane, dem Spalten der beiden Hälften und der abschließenden Fleischuntersuchung durch einen Tierarzt ist aus dem Schwein Schweinefleisch geworden.

Grillen und Schweinfleisch

Das Fleisch wird nun zu Würsten, Schinken, Schnitzel, Grillfleisch und was auch immer weiterverarbeitet und kommt in die Geschäfte und Supermärkte. Schön verpackt und dekoriert. Für den Konsumenten, der zumeist den Weg der Fleischwerdung nicht kennt, zählt nur noch der Geschmack; und der Preis und das Ablaufdatum. Denn wenn es abgelaufen ist, muss es entsorgt werden. Der Konsument von heute kennt normalerweise nicht das Schreien der Schweine im Schlachthof, den dunstig warmen Geruch von heißem Wasser vermischt mit frischem Blut, die dampfenden Schlachtkörper am Weg in die Kühlhäuser. Das ist auch gut so und gewollt. Das Lebewesen Schwein ist ein steriles, schön verpacktes, lautloses Stück Lebensmittel geworden, wie Brot und Milch halt auch. Wer möchte schon gern daran erinnern, dass es sich um die Muskulatur eines Schweinhalses handelt, wenn er genüsslich in ein Stück von einem gegrillten Schopf beißt?

Zucchini und Melanzani, Paprika und selbst Zwiebel schmecken gegrillt herrlich, ein bisschen Olivenöl, Oregano, Thymian dazu, was will man mehr. Maiskolben, Kartoffel, Pilze und Tomaten munden gegrillt äußerst erfreulich, auch Gemüsespießchen peppen jeder Grillparty auf. Einige wenige Stücke Fleisch, von denen man weiß, woher es kommt und wie die Tiere gehalten wurden, können für Fleischesser das Grillangebot ergänzen.

Siehe auch:
Karl Traintinger: Wegschauen ist bequem

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Dorfladen

4 Kommentare zu "Grillen ist einfach schön"

  1. Ich bin mir nicht sicher, ob es den Tieren wirklich besser gehen würde, wenn die Bauern mehr Milchgeld oder höhere Fleischpreise bekommen würden. An der optimierten Ausnützung der Tiere würden viele wahrscheinlich erst ganz am Schluß etwas ändern.

  2. Ich habe nie besonders viel Fleisch gegessen, dann immer weniger, schließlich nur noch Bio, und seit ein paar Jahren gar keines mehr, nur noch ganz selten Fisch. Obwohl es ein echter Verzicht ist – ich könnte schon mal schwach werden wenn ich zum Grillen bei Freunden oder es auf Einladungen lecker riecht – habe ich beschlossen, dass ich für meine Ernährung kein Fleisch mehr brauche. Das muss jeder für sich selbst entscheiden, für die Familie koche ich trotzdem noch ab und zu fleischhaltige Lieblingsgerichte. Wenn ich die Bilder sehe, die mir nicht fremd sind da ich vom Fach bin, bereue ich meine Entscheidung nicht. Bio heißt nicht immer eine unbedingt bessere tiergerechtere Haltung, das Fleisch vom Dorfmetzger kann auch aus tiergerechter Haltung und einer Schlachtung nach kurzen Wegen vor Ort eine gute Wahl sein. Immer nur billiger und mehr muss seinen Preis haben, in dem Fall geht es auf Kosten der „Ware Schwein“, wer davor die Augen verschließt denkt nur mit dem Magen und dem Geldbeutel.

  3. Hanns Mayr Hanns Mayr | 17. August 2012 um 08:22 |

    Es ist mir schon lange wichtig, woher unsere Lebensmittel kommen! Ich bin und werde vermutlich kein Vegetarier, bei Fleisch hinterfrage ich aber schon lange die Herkunft und Haltung der Tiere, ich mache das aber auch bei Gemüse. Sinnvollerweise wird nur saisonal richtiges Gemüse gekauft. Beim Fleisch ist mir die Herkunft wichtiger als der Preis. Und da spielt es keine Rolle, ob es sich um Schweinefleisch, Rindfleisch, Geflügelfleisch oder Fische handelt!

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