
Autorin: Gudrun Lerchbaum
Titel: Zwischen euch verschwinden – Kriminalroman
ISBN: 978-3-7099-8417-8
Verlag: Haymon Verlag
Erschienen: 21.09.2023
Klappentext:
Immer wieder eine andere werden, um zu verschwinden: Maria flieht vor ihrer eigenen Identität und hinterlässt blutige Spuren.
Wenn die Freiheit plötzlich in greifbare Nähe rückt: Jetzt ist die Mutter wirklich tot. Endlich Ruhe, endlich nicht mehr gebraucht werden, endlich einen Moment für sie allein. Maria fährt los, gönnt sich zuerst ein Sektfrühstück, dann eine Nacht mit einem Fremden im Hotel. Als sie am nächsten Morgen in die Einfahrt biegt, steht die Polizei vor ihrem Haus. Maria bekommt Panik – und verschwindet.
Zwischen Unsichtbar-Werden und der Angst gefunden zu werden: Maria wechselt ihre Identitäten, arbeitet mal da mal dort. Immer wieder wird ihre prekäre Situation schamlos ausgenutzt. Sie schwankt zwischen Passivität und Selbstermächtigung, sucht den Weg des geringsten Widerstandes, fügt sich und passt sich ihrer Umwelt geschmeidig an … so lange, bis es ihr reicht. Dass der Tod ihrer Mutter nicht der einzige Todesfall ist, in den sie involviert ist, und dass Maria nicht nur von der Polizei gesucht wird, lässt das Spiel mit der Identität zur Überlebensstrategie werden.

Rezension von Anni Lemberger
Maria, einer pflegenden Angehörigen und Tochter der Verstorbenen, ist mit dem Tod ihrer Mutter die Daseinsberechtigung abhanden gekommen, für die sie die letzten Jahren gelebt hat. Zwischen Erleichterung über „die Erlösung“ ihrer schwer kranken Mutter und ihrer Trauer, hin- und hergerissen, bricht Maria aus und „gönnt“ sich eine Auszeit, anstatt den Tod der Mutter sofort zu melden. Sie hebt alles Geld von der Bank ab und als sie einen Tag später zurück kommt, muss sie feststellen, dass der Tod nicht unbemerkt geblieben ist, denn vor der Haustüre stehen die Autos vom Hausarzt und der Polizei.
Und obwohl Maria nichts getan hat, läuft sie in Panik weg und taucht unter. Dadurch wird sie aber polizeilich gesucht und durch die Veröffentlichung ihres Fotos auch erpressbar.
Das nutzt ihre neue Arbeitgeberin schonungslos aus. Mit dieser Erpressung beginnt eine dramatische Odyssee, die Maria zum Opfer macht, die sie immer tiefer in die Ausweglosigkeit hineinzieht und sie somit zur mehrmaligen Änderung ihrer Identität zwingt.
„Jetzt ist die Mutter wirklich tot“, so ungewöhnlich leitet die Autorin dieses faszinierende Buch ein. Es handelt sich dabei um das Psychogramm einer unsicht- und duldbaren Frau – und obwohl das Buch als Kriminalroman geführt ist, würde ich es nicht als Krimi bezeichnen.
Die Protagonistin Maria kommt vom Regen in die Traufe, als sie nach ihrer Flucht eine Arbeit sucht. Ihre neue Arbeitsstelle in einer Gästepension zwingt sie zu einem ständigen Lächeln, großer Duldsamkeit und durch ihre Angst und ihrem schlechten Gewissen, auch zur verdeckten Prostitution.
Anhand von Maria´s Geschichte versucht die Autorin „die aufopferungsvollen Frauenrollen und Frauenberufe“ in den Fokus zu rücken.
Frauen, die unbemerkt von der Gesellschaft Großartiges leisten, dennoch respektlos behandelt werden: Pflegende, meist weibliche, Angehörige, in einem Teufelskreis von Abhängigkeit gefangen, 24 Stunden Pflegerinnen aus den osteuropäischen Ländern, die ihre Kinder alleine zurück lassen und sich, eingesperrt mit ihren männlichen Klienten, auf tägliche 24 Stunden Erniedrigung einlassen (müssen), Frauen, die vor der häuslichen Gewalt ins Frauenhaus flüchten und Kellnerinnen, die einem respektlosen männlichen Gästekreis ausgesetzt sind. Sie alle sind „Maria´s“.
Die Duldsamkeit der Protagonistin löste nicht nur einmal Wut in mir aus, weil sie sich nicht gewehrt hat, weil sie alles als gegeben hingenommen hat und anstatt das kleinere Übel zu wählen, ließ sie sich erpressen und hat siche wehrlos einer großen Qual ausgesetzt, bis sie „nicht mehr konnte“, sich gewaltsam befreite und erneut mit geänderter Identität auf der Flucht war. Immer und immer wieder.
Die Autorin hat sehr gut zum Thema recherchiert und sehr authentisch geschrieben. Das Buch ist gut lesbar und flüssig geschrieben, die Handlung gut nachvollziehbar und ihre Schreibweise ist berührend.

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