Autorin: Gudrun Wieser
Titel: Die Mur schweigt – Historischer Kriminalroman
ISBN: 978-3-7408-2214-9
Verlag: Emons Verlag GmbH
Erschienen: 22.08.2024
Klappentext:
Eine fesselnde Mörderjagd in der Steiermark der Kaiserzeit.
Graz, 1883. Mehrere Menschen, die auf die eine oder andere Art mit dem ältesten Gewerbe der Welt zu tun haben, werden ermordet. Für die Bevölkerung ist klar: Das ist der Preis ihres sündigen Treibens.
Während Gendarm Wilhelm Koweindl mit den Schatten seiner Vergangenheit konfrontiert wird, macht sich Hauslehrerin Ida Fichte auf die Suche nach dem Täter – und gerät in einen gefährlichen Strudel, der droht, sie von Wilhelm und allem, was ihr lieb ist, wegzureißen.
Rezension von Anni Lemberger
Die junge Lehrerin Ida Fichte muss sich an drei verschiedenen Orten verdingen, um ihren Lebensunterhalt selbst zu finanzieren. Als eine der damaligen Zeit weit vorausgehende, selbständige Frau möchte sie frei und unabhängig sein. Nachdem sie bereits zwei Heiratsanträge ausgeschlagen hat, hat ihr Vater wenig Interesse daran, ihr finanziell unter die Arme zu greifen. Also heißt es für Ida, „in den sauren Apfel zu beißen“ und in drei verschiedenen Haushalten als Hauslehrerin, aber auch als Gesellschafterin zu arbeiten.
Als bei ihrem Arbeitgeber Mandelsüß das Dienstmädchen Marie verschwindet und kurz darauf als Leiche an der Mur gefunden wird, hat Ida ein Déjà-vu.
Und es sollte nicht die einzige Leiche bleiben. Idas Vertrauter bei der Gendarmerie, Wilhelm Koweindl, besucht gerade einen Weiterbildungskurs, und deshalb geht Ida seinem früheren Untergebenen Leopold bei den Ermittlungen zur Hand. Doch die Freundschaft zwischen Wilhelm und Ida ist bereits in einem fortgeschrittenen Stadium, sodass sie sich auch privat treffen. So wird Wilhelm, trotz seiner Freistellung vom Dienst, in die aktuellen Mordfälle einbezogen.
Nach einer nächtlichen Attacke muss Ida ihre Recherchen jedoch einstellen und sich von Wilhelm zurückziehen.
Erst nach dem Auffinden eines weiteren Mordopfers in der Nähe von Koweindls Elternhaus ist es vorbei mit der Zurückhaltung. Ein brisanter Brief, den zwei von Idas Schülerinnen im Versteck eines der Mordopfer finden, lässt die Situation völlig eskalieren, und für Ida und Wilhelm wird es brandgefährlich.
Ein großartiger und spannender Kriminalroman, der im ausgehenden 19. Jahrhundert spielt.
Die Protagonistin Ida Fichte ist eine selbstbewusste junge Lehrerin, die sich zwar größtenteils im moralisch-ethischen Kontext der damaligen Zeit bewegt, aber bereits deutliche Emanzipationsbestrebungen zeigt. In einer Epoche, in der Frauen eine Versorgungsehe eingehen sollten, weist sie gleich zwei heiratswillige Kavaliere zurück – sehr zur Missbilligung ihres Vaters. Außerdem mischt sie sich auch noch in die Ermittlungsarbeit der Gendarmen ein, was damals für eine Frau völlig unpassend war. Doch Ida hat eine Fähigkeit, die sowohl Wilhelm als auch seinem ehemaligen Untergebenen Leopold fehlt: Sie ist empathisch, kann einfühlsam mit Hinterbliebenen sprechen und bringt auch Zeugen zum Reden – und diese Gabe wird gerne von den ermittelnden Gendarmen in Anspruch genommen. Zudem ist Ida neugierig und kämpft für Gerechtigkeit.
Wilhelm Koweindl, der Gendarm, mit dem Ida bereits zwei Fälle erfolgreich gelöst hat, ist auf dem besten Weg, Karriere zu machen, wofür er jedoch noch eine Weiterbildung und eine Prüfung ablegen muss. Die Aussicht auf ein höheres Gehalt und vielleicht sogar eine eigene Dienstwohnung, die ehetauglich wäre, lassen den Gendarmen von einer gemeinsamen Zukunft mit Ida träumen.
Die Einleitung zu diesem Krimi handelt von Koweindls Militärzeit, in der er durch Denunziation seinen Rang als Unteroffizier aufgeben muss und zur Gendarmerie wechselt. Sechs Jahre später muss sich Wilhelm noch einmal mit dieser Zeit und mit Kameraden von damals auseinandersetzen.
Die Handlung lenkt die Aufmerksamkeit des Lesers schnell in den Grazer Untergrund. Alle Mordopfer hatten vorher Kontakt zueinander und alle hatten etwas mit den käuflichen Damen und ihrem Zuhälter zu tun. Morde im Rotlichtmilieu sind zu dieser Zeit häufig und werden gesellschaftlich als „Strafe für sündhaftes Verhalten“ gesehen, sodass wenig Interesse an einer Aufklärung der Morde oder an Mithilfe seitens der Bevölkerung besteht. Oder liegt das Motiv für die Taten ganz woanders?
Die Autorin hat sehr gut recherchiert und verwendet auch Wörter, die zu dieser Zeit gebräuchlich waren, was den Roman sehr authentisch macht. Trotzdem ist der Text flüssig und gut verständlich geschrieben.
Die Handlung ist sehr spannend und ein absoluter Lesegenuss. Es ist mittlerweile das dritte Buch über Ida Fichte und Wilhelm Koweindl und eine gelungene und empfehlenswerte Fortsetzung der beiden Vorgängerromane.
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