„Himmel sehen“ – ein schönes Land, das Schwabenland

Im Rahmen des „Borderlines-Festivals“ fand am 6. März 2013 im Odeïon die Premiere von Ann-Christin Fockes Drama um Arbeitsmigration und Menschenhandel statt. Erzählt wird die Geschichte von zwei blutjungen Tiroler Bauernmädchen, die zum Arbeiten über die Berge bis an den Bodensee geschickt wurden. Diese historisch belegte „Schwabengängerei“ begann im 18. Jahrhundert und fand erst 1914 ein Ende.

Elisabeth Pichler

Von Elisabeth Pichler

Die 12-jährige Anna und die 13-jährige Charlotte haben endlich den Bodensee erreicht. Mit wunden Füßen und völlig erschöpft von der mühseligen Wanderung durch Eis und Schnee sitzen sie am Ufer. Während sich in Annas Heimweh auch kindliche Neugier mischt, raubt ihr die erfahrene Charlotte jegliche Illusion.

Diese fühlt sich schön, groß und stark und ist sich sicher, dass sie diesmal nicht zu einem „Saubauern“ kommen wird, sondern als Dienstmädchen mit weißer Schürze zu einer Herrschaft. Für die kleine, zarte Anna sieht die Sache nicht so rosig aus, denn ihr werden anstrengende Arbeit, Schmutz und Prügel prophezeit. Auf einem „Kindermarkt“ werden die beiden versteigert und Charlotte zieht glückstrahlend und stolz mit einer Baronin in deren prächtiges Haus.

Für die arme Anna hat sie nur ein mitleidiges Lächeln übrig. Die neue Herrin erweist sich jedoch als hochnäsige Despotin, die mit militärischer Strenge versucht, dem Tiroler Kind Haltung beizubringen. Charlotte lässt sich die Demütigungen lange gefallen, doch als sie hinter ein finsteres Geheimnis ihrer Herrin kommt, dreht sie den Spieß um. Die Gequälte fängt schließlich selbst an zu quälen.

Zu Beginn ist auf der riesigen Leinwand eine flammende Rede, eine Anklage gegen Ausbeutung und sexuelle Belästigung von Migrantinnen, zu sehen. Dann machen sich die beiden Mädchen mit ihren Rucksäcken auf den Weg. Eine Stehleiter symbolisiert die Alpen, über die sich die beiden bei Nebel und Schnee quälen. Bina Blumencron gibt sich in der Rolle der Charlotte selbstbewusst und stark, zeigt anfangs sogar noch Mitleid mit Anna und hilft ihr beim Schuhbandbinden. Der Einfluss der Baronin färbt jedoch ab, bei ihrem nächsten Zusammentreffen behandelt sie Anna kalt und herablassend. Mit kindlicher Naivität, aber auch …

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