Impfen oder nicht? Eine Toleranzfrage.

Misteln in Bäumen Toleranz

Misteln | Foto: Karl Traintinger, Dorfbild.at

Ich möchte an der Stelle des Fragezeichens einen Appell an alle richten, die meinen, recht zu haben, egal welcher „Glaubensrichtung“ sie angehören mögen. Diese Pandemie taugt nicht nur dazu, Menschen zu verunsichern, sondern auch, sie zu spalten.

Leo Fellinger

Von Leo Fellinger, Kunstbox Seekirchen

Ich höre und lese in meinem persönlichen Umfeld viele Aufrufe und persönliche Kundgebungen – gerade die Sozialen Medien eignen sich ja perfekt dafür – die in die eine oder die andere Richtung versuchen, andere von der „Wahrheit“ zu überzeugen. Von „sozialem Gewissen“ ist da die Rede, wenn es darum geht, Impfkritiker bloßzustellen, auf der anderen Seite gibt es Argumente, die die Verflechtung von politischen Entscheidungen und Interessen der Pharma-Industrie ansprechen, die nicht ausreichende Testung der Impfstoffe und die Unterdrückung von natürlichen Heilmitteln. Darum geht es mir nicht, nein. Es geht darum, etwas wieder zu erlernen, was uns anscheinend abhanden gekommen ist: Toleranz. Was ist das?

Toleranz kommt aus dem lateinischen „tolerabel“ und bedeutet ertragen oder erdulden, kurz gesagt „die ruhige Duldung von abweichenden Meinungen oder Aktivitäten anderer Menschen.“ Gemäß Definition der UNESCO bedeutet Toleranz vor allem „Toleranz ist Harmonie über Unterschiede hinweg. Sie ist nicht nur moralische Verpflichtung, sondern auch eine politische und rechtliche Notwendigkeit. Durch Toleranz wird Frieden erst möglich, denn Toleranz trägt dazu bei, den Kult des Krieges durch eine Kultur des Friedens zu überwinden.“

Das ist es nicht, was ich gerade erlebe. Auf beiden Seiten wird versucht, anders Denkende von der eigenen Meinung zu überzeugen, koste es, was es wolle. Dabei ist gerade die Entscheidung „Lasse ich mich impfen oder nicht“ eine zutiefst persönliche. Sie definiert den ganz persönlichen Zugang zum eigenen Körper. Was mute ich ihm zu? Wovor habe ich mehr Angst – vor der Krankheit oder den Folgen der Impfung? Die Geschichte der Impfskepsis ist so alt wie das Impfen selbst, das zeigt uns die Geschichte, die Beweise für Missbrauch und Verfehlung der Pharma-Industrie auch. Die Reaktionen wären nicht so stark, hätten nicht Skandale das Vertrauen in die Institutionen, die unsere Gesundheit schützen sollen, dauerhaft erschüttert, denken wir nur an Contergan.

Ist nicht jedes Misstrauen genauso gerechtfertigt wie das Vertrauen in den kollektiven Schutz unserer Gesundheit? Sollten wir nicht die Argumente der jeweils anderen Seite abwägen und respektieren? Wohin soll unsere Gesellschafts-Entwicklung führen, wenn schon das Impfen und Nicht-Impfen eine Nation, einen Kontinent oder noch schlimmer, eine Familie spalten kann?

Ich selbst bin bereits das erste Mal geimpft, aber diese Spaltung habe ich auch in mir selbst festgestellt. Ich hatte letztlich mehr Respekt vor der Krankheit als vor den möglichen Folgen der Impfung. Das war aber eine knappe Entscheidung. Ich bin über 65, vor dreissig Jahren hätte ich wahrscheinlich noch anders entschieden. Schon darum respektiere ich die Entscheidung von anderen, sich nicht impfen zu lassen.

Mein Wunsch: diese Pandemie ist schlimm genug, sie soll uns nicht auch noch spalten. Toleranz ist gefragt wie schon lange nicht. Lasst sie uns wieder erlernen.

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2 Kommentare zu "Impfen oder nicht? Eine Toleranzfrage."

  1. Avatar-Foto Salzach Schiffer | 11. Mai 2021 um 10:31 |

    Toleranz ist die Eigenschaft, die in unserer Gesellschaft immer mehr verloren geht! Wir werden allesamt zu immer größeren Egomanen.

  2. Super geschrieben! Ich sehe das genau so.

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