Pjotr Iljitsch Tschaikowskys Opern-Einakter „Jolanthe“ und das Ballett „Der Nussknacker“ wurden für die Uraufführung 1892 im Mariinski-Theater in Sankt Petersburg als Doppelaufführung kreiert.
Lotte de Beer hat ihre Intendanz an der Volksoper in Wien am 9. Oktober 2022 mit einem Mix der beiden Werke als fantasievoll ausgestattete, bunte Märchenwelt eröffnet. Im Salzburger Landestheater gab es bei der Premiere am 15. April 2023 Standing Ovations für eine edle, stilvoll ganz in Weiß gehaltene Tanzoper.
Oper und Ballett werden nicht nacheinander gespielt, sondern wie in „Ariadne auf Naxos“ vermischt. Die von Geburt an blinde Jolanthe weiß nichts von ihrem Unglück. Ihr Vater, König René, lässt sein Töchterlein liebevoll betreuen, doch das Geheimnis darf nicht gelüftet werden. Eine ungewisse Sehnsucht führt bei dem jungen Mädchen jedoch zu eigenwilligen Träumereien. Plötzlich füllt sich ihr Zimmer mit einer quirligen Truppe, die zappelt und flattert und gute Laune versprüht.
Besonders fasziniert ist Jolanthe von der jungen Marie und ihrem Nussknacker. Eine Auseinandersetzung mit dem Mausekönig und seinem jungen Gefolge sorgt hingegen für heftige Turbulenzen. Dann geht es wieder zurück zur Oper, in der Graf Vaudémont und sein Freund Robert die Verbotstafeln vor dem Schloss einfach ignorieren und es zu einem ersten Kontakt mit Jolanthe kommt. Als der Graf erkennt, dass das junge Mädchen blind ist, erklärt er ihr die Bedeutung von Licht und, dass die Augen nicht nur zum Weinen da sind.
Nach einem gemeinsamen Ausflug ins Reich der Fantasie müssen die beiden König René gegenübertreten und der ist gar nicht begeistert von dem Verehrer seiner Tochter. Er droht sogar mit der Todesstrafe. Doch Jolanthes Wunsch nach Heilung hat Erfolg und so steht einem Happy End nichts mehr im Wege.
Es ist kein Wunder, dass sich Jolanthe und Marie so gut verstehen, denn beide haben Probleme mit dem Erwachsenwerden und wissen nicht, woher ihre Unruhe kommt. Besonders wohl und frei fühlen sie sich mitten unter den munteren, fröhlich tanzenden Figuren. Regisseur Thomas Mika hat für Jolanthe (Tatev Baroyan) und Marie (Larissa Mota) eine märchenhafte Atmosphäre mit zarten Scherenschnitt-Bäumen geschaffen.
Per Bach Nissen behütet als königlicher Vater seine Tochter mit kräftigem Bass, Luke Sinclair überzeugt als tenoraler Liebhaber Valdémont trotz angekündigter Indisposition ebenso wie Samuel Pantcheff, Philipp Schöllhorn und Željko Zaplatić. Mona Akinola, Laura Incko und Bethany Yeaman geben Jolanthes besorgte Gespielinnen.
In den von Reginaldo Oliveira elegant und stilvoll choreographierten Balletteinlagen bestechen die Tänzer*innen durch Individualität, wobei es Chigusa Fujiyoshi als Columbina und Ben van Beelen als Harlekin immer wieder gelingt, sich in den Vordergrund zu spielen.
Das Mozarteumorchester Salzburg unter der Leitung von Leslie Suganandarajah verbindet die beiden doch sehr unterschiedlichen Partituren gekonnt und bezaubert klangschön sowohl mit durchsichtiger Transparenz als auch mit schwungvoller Dynamik. Die perfekte Kombination von Oper und Ballett wurde vom Publikum stürmisch gefeiert.
„Jolanthe / Der Nussknacker“ von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky. Opern-Libretto von Modest Tschaikowsky. Lyrische Oper & Ballett nach dem Märchen „Nussknacker und Mausekönig“ von E. T. A. Hoffmann. In russischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln. Musikalische Leitung: Leslie Suganandarajah. Inszenierung, Bühne und Kostüme: Thomas Mika.
Choreographie: Reginaldo Oliveira. Dramaturgie: Thomas Rufin, Andreas Fladvad-Geier. Besetzung Oper: Tatev Baroyan, Luke Sinclair, Per Bach Nissen, Samuel Pantcheff, George Humphreys, Željko Zaplatić, Philipp Schöllhorn, Mona Akinola, Laura Incko, Bethany Yeaman. Tänzer*innen: Larissa Mota, Valbona Bushkola, Dafne Barbosa, Flavio Salamanka, Niccolò Masini, Ben van Beelen, Chigusa Fujiyoshi, Sveva Gaudenzi, Mikino Karube, Lucas Leonardo, Oliver Hoddinott, Cassiano Rodrigues, Annachiara Corti, Gala Lara, Paulo Muniz. Chor des Salzburger Landestheaters. SIBA Ballettschule Salzburg. Mozarteumorchester Salzburg. Fotos: SLT/ ©Anna-Maria Löffelberger
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